Kabarettist und Komiker Dieter Nuhr im Sonntagsfrühstück
Kabarettist Dieter Nuhr über die deutsche Politik: „Wir nehmen den Wohlstand als Grundrecht wahr“
Der renommierte Kabarettist und Künstler Dieter Nuhr gab beim heutigen „ANTENNE BAYERN Sonntagsfrühstück“ mit Moderatorin Kathie Kleff tiefe Einblicke in seine Gedankenwelt. Bekannt für seine scharfsinnigen Kommentare, diskutierte Nuhr über die Herausforderungen der deutschen Politik, die Rolle der Medien und seine persönlichen künstlerischen Ambitionen.
Nuhr, der sowohl den Deutschen Kleinkunstpreis als auch den Deutschen Comedypreis gewonnen hat, ist bekannt für seine Fähigkeit, gesellschaftliche Themen mit Humor zu verarbeiten. Im Gespräch mit ANTENNE BAYERN spricht Dieter Nuhr...
…über die politische Kultur in Deutschland:
Wir nehmen den Wohlstand als Grundrecht wahr und das ist der größte Fehler, den wir gerade machen. Wir glauben, wir können Wohlstand durch Verteilung erreichen, wir nehmen es einfach denen weg, die ihn haben und geben es den Anderen und dann ist es auch gut. (…) Aber eine Gesellschaft kann man so nicht organisieren.
Dieter Nuhr
…über die deutsche Mentalität:
Wir sind immer noch Romantiker, davon bin ich zutiefst überzeugt. Wir mögen das Drama, wir mögen die Emotionen. Ganze politische Bewegungen fußen auf Untergangsängsten (…), das ist eine deutsche Kontinuität, die wird weitergegeben.
Dieter Nuhr
…über seine Begegnung mit Markus Söder:
Ich habe Markus Söder in einer Talkshow kennengelernt und ich dachte an dem Abend, als ich dahinging: ‚Ach, du Scheiße‘. Ich hatte am Abend vorher in meiner Sendung eine Nummer über ihn gemacht. Und er kommt auf mich zu und sagt: ‚Herr Nuhr, ich finde das gut, was sie machen.‘ Und ich sage: ‚Gott sei Dank, dann haben Sie die Sendung gestern nicht gesehen.‘ Und er meinte: ‚Doch, aber das gehört doch dazu.‘ Und das fand ich sehr souverän, muss ich sagen. Der Mann ist absoluter Profi und er weiß, dass es dazu gehört und dass es keine Ehrenrührigkeit ist, in einer humorigen Nummer vorzukommen. Ich fürchte sogar, dass er weiß, dass es besser für ihn ist, wenn er in humorigen Nummern vorkommt, als wenn er gar nicht vorkommt.
Dieter Nuhr
…über seine Entwicklung als Künstler:
Ich habe sozusagen einen zweiten Beruf dazu bekommen. Ich bin ja Kunststudent gewesen und habe dann angefangen. Ich habe immer Kunst gemacht neben dem, was ich auf der Bühne mache, (…) und das hab ich so für mich gemacht und irgendwann ist das dann eskaliert. Da haben Leute was gesehen, wollten was ausstellen und dann ist es immer mehr geworden.
Dieter Nuhr
…über die Auswirkungen von Social Media auf das Weltbild:
Das Interessante ist, dass die Krisen gar nicht damals weniger waren als heute. Man muss sich das mal vorstellen, was so in den 60er- und 70er-Jahren war - über Krieg in Irland, Diktatur in Griechenland und in Portugal, Krieg in Vietnam, Kalter Krieg sowieso mit ständiger Eskalationsgefahr zum Atomkrieg und Rhetorik, die da mehr als gefährlich klang. Mit all dem sind wir aufgewachsen. Wir fanden es normal. (…) Und es gab keine sozialen Netzwerke, in denen das ausgewalzt wurde. Man las morgens die Zeitung vielleicht, wenn es hochkam, als Jugendlicher oder als Erwachsener, und abends kam noch vielleicht die Tagesschau dazu. Und dann war es wieder gut. Den Rest des Tages war ganz normales Leben und ich glaube, das ließ einen die Welt damals als heiler erscheinen, als sie war. Und dadurch, dass wir heute durch diese Smartphones, die wir alle mit uns führen, den ganzen Tag mit dem Scheiß dieser Welt konfrontiert werden, passiert genau das Gegenteil: Wir überbewerten das, was in der Welt vor sich geht, als Dauerkrise.
Dieter Nuhr
…über die globale Lage:
Weltweit global gibt es Bedarf an Lösungen und wir tun immer so, als wenn bei der nächsten Landtagswahl in Hintertupfingen über das Weltklima entschieden würde, und das ist das, was uns krank in der Birne macht und was uns möglicherweise auch glauben lässt, die Welt sei schlimmer als je zuvor, was sie definitiv nicht ist. Achteinhalb Milliarden Menschen leben auf dieser Welt jetzt, weil unsere Landwirtschaft so gut geworden ist, weil die ärztliche Versorgung so gut geworden ist. 90 % aller Mädchen weltweit gehen in eine Schule, das ist unvorstellbar gewesen in meiner Jugendzeit, dass es sowas gibt. Und viele Dinge sind besser. Und wenn man Europa verlässt, und das mache ich relativ häufig, dann merkt man, dass die Welt sich in einer Aufbruchsstimmung befindet. (…) Man hat immer das Gefühl, die Zukunft wird aber besser, die Zukunft wird besser werden als das, was wir in der Gegenwart haben. Und genau das ist das der Unterschied zwischen Europa und dem Rest der Welt. Wir lassen uns von Sozialen Medien dazu animieren, zu glauben, alles wird schlechter. Wir haben natürlich auch am meisten zu verlieren, das stimmt.
Dieter Nuhr
Das ANTENNE BAYERN Sonntagsfrühstück mit Dieter Nuhr gibt es ab sofort als Podcast in voller Länge zum Nachhören hier auf antenne.de.
Über Dieter Nuhr
Dieter Nuhr, geboren am 29. Oktober 1960 in Wesel, Nordrhein-Westfalen, ist ein vielseitiger deutscher Kabarettist und Künstler. Nach seinem Studium der Kunstpädagogik und Geschichte begann er seine Karriere als Kabarettist und wurde schnell für seine intelligenten und humorvollen Kommentare zur deutschen Politik und Gesellschaft bekannt. Nuhr ist auch als bildender Künstler tätig und hat seine Werke in mehreren renommierten Museen ausgestellt.