Stress als positiver Begleiter: Warum etwas Druck gut für uns sein kann
Stress wird oft als der Feind unserer Gesundheit betrachtet, aber ist das immer der Fall? Überraschenderweise gibt es einen anderen Blickwinkel auf Stress, der besagt, dass nicht alle Formen von Stress schädlich sind.
Noch schnell auf den letzten Drücker die Hausarbeit schreiben, die Kinder von einem Ort zum nächsten Kutschieren oder auch eine Präsentation vor der gesamten Firma halten - solche oder ähnliche Situationen lösen bei den meisten Personen Stress aus. Doch dieser Stress muss nicht immer negativ sein, er kann uns auch zu ungeahnten Höhenflügen verhelfen.
Die Rolle von Stresshormonen
Stress in Maßen kann wie ein Katalysator wirken, der uns dazu antreibt, produktiver zu sein. Mäßiger Stress kann uns helfen, fokussierter zu arbeiten. innovative Lösungen für Probleme zu finden, kreative Fähigkeiten zu verbessern und unsere Leistung zu steigern.
Stressmechanismen, die einst für die Überlebensfähigkeit unserer Vorfahren entscheidend waren, können heute noch positive Auswirkungen haben. Die Fähigkeit, in stressigen Situationen zu handeln, wurde im Laufe der Evolution geformt und kann immer noch dazu dienen, Herausforderungen zu bewältigen.
Mit dem Hormoncocktail aus Adrenalin und Cortisol fühle ich mich unschlagbar und bekomme alles Wichtige hin.
Gründerin des Hamburger Instituts für Burnout Prävention (IBP)
Stress im Alltag
Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur finden viele Menschen keine Entspannung, können nicht richtig schlafen und fühlen sich in ihrer Freizeit gestresst. Für die repräsentative Online-Befragung von YouGov wurden zwischen dem 19. und 21. Dezember 2023, 2.042 Menschen befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung von 18 bis 75 Jahren. Professor Ulrich Reinhardt, der zu Freizeitverhalten und Lebensqualität forscht, hält solche Empfindungen für "relativ normal" - und nicht für ein Zeichen unserer Zeit.
Natürlich ist der Stress in manchen Situationen größer geworden, aber in anderen Stressbereichen hat er eben auch abgenommen.
Professor Ulrich Reinhardt
Dabei stützt er sich auf Vergleiche des seit 40 Jahren erhobenen Freizeit-Monitors der Stiftung für Zukunftsfragen.
Wie wäre es stattdessen einfach mal mit Langweile? Aber dieses Gefühl erleben viele derzeit in ihrer Freizeit nicht: Jeweils 35 Prozent der Befragten gaben an, nur selten oder nie gelangweilt zu sein. Aber es gibt eben auch die andere Seite dieser Zahlen: Eine meist ebenso große Gruppe Menschen erlebt ihre Erholung und Freizeit ganz anders. So geben 50 Prozent der Befragten an, sehr viel bis eher viel Zeit für sich und ihre Interessen zu haben. 60 Prozent können gut bis sehr gut entspannen und 55 Prozent schätzen ihren Schlaf als sehr bis eher erholsam ein.
Studie: Stress als Lebenselixier
Der Verhaltens- und Stressforscher Firdaus Dhabhar aus den USA entdeckte, dass kurzfristiger Stress die Heilung von Wunden beschleunigen kann und die Wirkung von Antibiotika sowie Antitumor-Therapien verbessert. Dieser Effekt wird durch eine Zunahme weißer Blutkörperchen hervorgerufen, die den Immunschutz stärken. Dhabhar's Experimente, die die Immunantwort nach einer Impfung verglichen, zeigten, dass körperliche Aktivität, die den Stressmechanismus auslöst, diese Reaktion positiv beeinflusst. Stress fungiert somit als eine Art Kraftwerk, das dem Menschen ermöglicht, Herausforderungen zu meistern, zu wachsen und Ziele zu erreichen. Dhabhar betont, dass die Natur Stressreaktionen nicht entworfen hat, um zu schaden, sondern um Überlebenschancen, Gesundheit, Heilung und Leistungsfähigkeit zu verbessern.