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WhatsApp Gruppen: Darf man über den Chef lästern?

Frust über die Arbeit, den Boss oder andere Kollegen wird gerne mal in Gruppen bei WhatsApp oder anderen Chatportalen ausgelassen. Was passiert allerdings, wenn die besagten Arbeitskollegen von diesem Frust Wind bekommen?

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
Frau schreit das Handy an bei der Arbeit Job & Berufsleben Foto: adobe stock / dusanpetkovic1

Es ist verwunderlich, dass es noch keine einheitliche, rechtliche Vorgabe zum Umgang mit Texten in WhatsApp Gruppen im beruflichen Umfeld gibt. Die Frage, ob beleidigende Nachrichten in einem Chatverlauf zwischen Arbeitskollegen über Vorgesetzte oder andere Mitarbeiter ein Kündigungsgrund sein dürfen, ist also nicht eindeutig zu beantworten. 

Urteil 2023

Die Aufmerksamkeit des deutschen Gerichtshof auf diese Problematik wurde vor kurzem geweckt: Laut faz hatten Mitarbeiter der Firma Tuifly sich in einer WhatsApp-Gruppe zwischen Kollegen mehrfach negativ über andere Arbeitnehmer der Firma geäußert. Als Vorgesetzte Auszüge dieser Texte vorgelegt bekamen, wurde den Verfassern fristlos gekündigt. Die Begründung für die Entlassung waren beleidigende, rassistische, sexistische und zu Gewalt aufstachelnder Bemerkungen.

Gegenklage

Der gekündigte Arbeitnehmer wehrte sich in dem er auf das Grundgesetz verwies. Laut diesem sind Gespräche in Chatforen dieser Art privat und die Inhalte der Texte seien also kein Grund zur Kündigung. Wir haben mit einem Anwalt für Arbeitsrecht gesprochen, der dem Gekündigten Recht gibt. 

Die Rechtsprechung sagt: das ist Eingriff auf allgemeines Persönlichkeitsrecht, das grundgesetzlich geschützt ist. Eine private Äußerung also, die keinerlei Einfluss auf den Betriebsfrieden hat. Die Aussage des Angeklagten ist also legitim.

Tim Richter, Anwalt für Arbeitsrecht aus Nürnberg

Solange eine Person selbst in der Annahme sein durfte, dass ein Chatverlauf vertraulich ist und sich in einem geschützten Rahmen befindet, können selbst grobe Beleidigungen nicht angelastet werden. Der Verfasser der Texte befand sich in einer privaten Sicherheit, in welcher er davon ausgegangen ist, dass kein Vorgesetzter die Aussagen lesen würde. Kommt eine Führungsposition später doch an die Texte, setzt das jedoch nicht den Schutz der Privatsphäre aus, von welchem der Verfasser im Voraus Gebrauch gemacht hatte. In persönlichen Gesprächen im kleinen Kreis darf sich also schon ordentlich aufgeregt werden. Es gilt hier natürlich, auf die Art der Chat-Gruppe zu achten.

Es kommt natürlich darauf an, ob es eine berufliche WhatsApp-Gruppe ist. Da sollte man sich schon etwas zurück halten. (...) Grundsätzlich ist es natürlich schon so: Je größer eine Gruppe ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine gewisse Vertraulichkeit nicht mehr gewährt ist. In einer Gruppe von 50 bis 70 Mitgliedern würde ich mich also durchaus etwas mehr zurück halten.

Tim Richter, Anwalt für Arbeitsrecht aus Nürnberg

Obwohl sich in Privatgesprächen ordentlich ausgelassen werden kann, gibt es doch Grenzen die nicht Übertreten werden dürfen. Gewisse Gewaltfantasien und Beleidigungen können als Angriff auf den Betriebsfrieden gesehen werden. Auch wenn diese im vertraulichen Rahmen passieren. Dafür muss allerdings sehr weit gegangen werden. Wenn ihr euch ein Bild von solch grenzüberschreitenden Äußerungen machen wollt, könnt ihr das hier.

Kündigung also nicht rechtskräftig?

Kommen wir also nochmal auf den Fall der Tuifly Mitarbeiter zurück. Die Kündigung durch den Arbeitgeber sollte nicht gültig sein, oder? 

Das Bundesarbeitsgericht wird entscheiden, ob die Kündigung rechtswirksam ist. Wenn sich die Richter einig sind, dann wird die Kündigung für unwirksam erklärt und dann müsste der Arbeitgeber die betreffenden Personen auch wieder beschäftigen.

Tim Richter, Anwalt für Arbeitsrecht aus Nürnberg

Allgemein lässt sich also festhalten: es ist okay sich über Arbeit und Beteiligte in WhatsApp-Gruppen auszulassen, solange ihr einen guten Überblick darüber habt, wer sich in der Gruppe befindet und wie gut ihr den Leuten vertrauen könnt. Einmal kurz den Frust rauslassen ist ja auch gesund. Trotzdem denkt daran: es ist gesünder sich nicht mit Stress und negativen Gefühlen auf Dauer zu beschäftigen. Wir empfehlen eine beruhigende Mediation oder aufregenden Sport als Gegenprogramm. Beides gesünder!

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