Stege, Flöße, Rutschen – alles weg! Diese Badeseen in Bayern werden beschränkt
Der Badesteg ist gesperrt, das Floß ist verschwunden. An Dutzenden Seen in Bayern haben die Gemeinden in diesem Sommer den Badespaß eingeschränkt. Sie fürchten sich vor Badegästen, die nach einem Badeunfall zum Anwalt gehen.
In vielen Gemeinden in Bayern geht die Angst um. Die Angst vor den Gerichten. Bürgermeister und Mitarbeiter der Verwaltungen treibt die Sorge, bei Badeunfällen an nicht beaufsichtigten Gewässern haftbar gemacht zu werden - oder sogar in einem Strafprozess angeklagt zu werden. Die Folge ist, dass Badeinseln in Seen verschwunden sind, die jahrelang dort verankert waren. Vielerorts sind im Freistaat sogar die hölzernen Badestege abgesperrt - Zutritt verboten. Was hat es damit auf sich?
An diesen Badestellen in Bayern gibt es Einschränkungen
Die Nachforschung ergibt, dass gesperrte Stege und verschwundene Badeinseln auf eine Warnung der deutschen Kommunalversicherer in ihrem Fachorgan „BADK Information“ zurückgehen. „Die Frage ist, ob etwas aussieht wie ein Bad“, erläutert etwa Ines Roellecke, die Sprecherin des Landratsamts Fürstenfeldbruck. „Wenn etwas aussieht wie ein Bad, braucht es eine Aufsicht.“
Wer einen Badesee mit Stegen, Badeinseln und Umkleidehäuschen und dergleichen aufrüstet, läuft Gefahr, dass ein Gericht das Gewässer nicht als „Badestelle“ betrachtet, sondern als „Naturbad“, warnen die Kommunalversicherer in dem Fachaufsatz. Und für Bäder gelten verschärfte Aufsichtspflichten, im Gegensatz zu naturbelassenen Badestellen. In Bayern gehen viele Gemeinden ganz auf Nummer sicher. Gesperrte Stege, damit nicht der Eindruck eines „Naturbades“ entsteht. An diesen Seen und Bädern ist der Badespaß derzeit eingeschränkt.
Oberbayern
- Eitzenberger Weiher/Iffeldorf im Landkreis Weilheim-Schongau
An dem idyllischen Moorsee gibt es keine Badeinsel mehr. Die Gäste räkeln sich wie jeden Sommer auf den Stegen, aber heuer erstmals hinter Absperrgittern. - Kirnbergsee/Penzberg im Landkreis Weilheim-Schongau
An den Badestegen wurden Bauzäune aufgestellt und „Betreten verboten“-Schilder angebracht. - Mammendorfer See im Landkreis Fürstenfeldbruck
Die Insel des Fördervereins wurde aus dem See entfernt. Der Steg der Wasserwacht bleibt, ist aber nicht für die Öffentlichkeit gedacht. - Olchinger See im Landkreis Fürstenfeldbruck
Die Badeinseln wurden entfernt, weil es keinen Bademeister für die Aufsicht gibt. - Poinger Bergfeldsee im Landkreis Ebersberg
Beim Bergfeldsee in Poing gibt es keine Badeaufsicht. Deshalb wurde auch dort die Schwimminsel abgebaut.
Außerdem wurden oder werden Badeinseln, Rutschen, usw. am Germeringer See, am Böhmerweiher, im Strandbad am Staffelsee, in Emmering, in Olching (Olchinger See), in Moosach (Steinsee) und in Herrsching am Ammersee abgebaut.
Mittelfranken
- Naturbad Keidenzell in Langenzenn
In Keidenzell wurde eine Badeaufsicht organisiert, bestehend aus sechs Honorarkräften. Allerdings wurden die Öffnungszeiten verkürzt.
Oberpfalz
- Naturbad in Postbauer-Heng
Das eigentlich frei zugängliche große Becken wurde eingezäunt und wird nur geöffnet, wenn eine Badeaufsicht anwesend ist. Die Gemeinde ist nun immer davon abhängig, ob eine Aufsicht zur Verfügung steht.
Badeinseln und Stege sind plötzlich ein Rechtsrisiko
Dabei kommt ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017 ins Spiel, das mit Verspätung Wirkung zeigt. „Die Anforderungen an die Badeaufsicht hat der BGH in einem aktuellen Urteil erheblich verschärft“, heißt es in dem BADK-Aufsatz. Die Karlsruher Richter haben in dem Urteil eine Beweislastumkehr für Badeunfälle analog zur Arzthaftung eingeführt: Erleidet ein Patient durch eine grob fahrlässige Therapie einen Gesundheitsschaden, muss nicht er beweisen, dass der Mediziner schuld hat. Stattdessen muss der Arzt nachweisen, dass es nicht sein Fehler war, der dem Patienten Schaden zugefügt hat. Das gilt nun übertragen auch für den Badebetrieb. Diese Verkehrssicherungspflicht an Badeseen macht den Gemeinden überall Kopfzerbrechen.