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Schauspieler Christian Friedel im Sonntagsfrühstück

Schauspieler Christian Friedel über „The Zone of Interest“: „Für mich ist das ein Film, der uns einen Spiegel vorführt und uns eigentlich eine Warnung ist”

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
Sonntagsfrühstück Kathrin Müller-Hohenstein Christian Friedel Sonntagsfrühstück Foto: © LEONINE STUDIOS

Ismaning, 25. Februar 2024 – Christian Friedel war zu Gast beim heutigen „ANTENNE BAYERN Sonntagsfrühstück“ mit Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein. Im Interview spricht er über seine Rolle im neuen Kinofilm „The Zone of Interest“ und verrät, was die Rolle mit ihm als Mensch macht.

Christian Friedel ist ein deutscher Schauspieler und Musiker, der vor allem durch seine Rolle als Georg Elser in dem Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“ bekannt wurde. Ab Donnerstag ist der Schauspieler im Kinofilm „The Zone of Interest“ zu sehen. Das fünffach für die Oscars nominierte Historiendrama erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Rudolf Höß, eines Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. Im Gespräch mit ANTENNE BAYERN-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein spricht Christian Friedel...

…über Eigenschaften, die einen guten Schauspieler oder eine gute Schauspielerin ausmachen:

„Also man verknüpft die Rolle natürlich schon mit seinem eigenen Gefühlsarchiv, möchte ich mal sagen. Und deswegen haben die Rollen noch immer etwas von der eigenen Persönlichkeit. Aber du hast natürlich immer den Schutz, zu sagen: Das ist die Rolle, das ist die Regie-Idee, das ist der Text, das ist nicht mein Text. Man hat so einen Schutzmantel sozusagen, und ich finde an Schauspielern besonders toll, wenn sie wandelbar sind, wenn sie mich überraschen und wenn sie sich auch mal aus ihrer eigenen Komfortzone herausbegeben, und etwas Neues wagen, selbst wenn das schief geht. Das bewundere ich an Schauspielern und Schauspielerinnen.“

…über den neuen Film „The Zone of Interest“:

„Es ist eine Momentaufnahme. Wir schauen durch das Fenster der Familie Höß und wir sehen sie eigentlich in Alltagssituationen. Und hören, spüren, dass dort um sie herum etwas geschieht, was menschenunwürdig ist, was grausam ist, was brutal ist. Und in diesem Spannungsverhältnis steht eigentlich dieser Film, und ich finde, es ist ein wahnsinniges Kunstwerk und eigentlich der Film zur Stunde, ein hochaktueller politischer Film, der uns aber auch eine unbequeme Wahrheit zeigt, dass es nämlich Menschen waren, die dieses unfassbare Verbrechen an Menschen begangen haben und es wechselt die Perspektive nicht, um diese Täter zu glorifizieren oder sich zu sehr für sie zu interessieren, sondern um diese Wahrheit eben zu zeigen, dass es Menschen wie du und ich waren, die sich für dieses faschistische, brutale System entschieden haben. Und dass Menschen zu einer unglaublichen Ignoranz fähig sind und diese Momentaufnahme spüren, erleben wir dort, ohne jetzt wirklich einer spannenden Geschichte zu folgen. Aber ich glaube, wenn man sich auf diesen Film einlässt, ist das, glaube ich, ein Film, der einen so schnell nicht loslässt und zu einer eigenen Reaktion bringt, und das finde ich bewundernswert an dem Film.“

…über die Herausforderungen seiner Rolle:

„Also ich muss sagen, ich hatte selten so eine intensive Drehzeit, die mich als Mensch auch extrem herausgefordert hat, möchte ich sagen. Weil wir haben in der Nähe vom Originallager gedreht, in der Nähe des Originalhauses, du gingst morgens zur Arbeit und du hast eigentlich jeden Tag die Verantwortung gefühlt, die du hast gegenüber den Opfern, gegenüber der Wichtigkeit dieses Projektes. Du hast gefühlt, du hast diese Bilder im Kopf gehabt, die dieser Mann wahrscheinlich täglich mit sich im Kopf hatte und die er erfolgreich verdrängt hatte. Manchmal, diese Szenen zu spielen, war jetzt schauspielerisch nicht so herausfordernd in der Form. Ich meine, Normalität herzustellen, das Ordinäre, Originäre – das ist etwas, was natürlich eine Herausforderung war, aber dieser Cocktail, dass man auch gefühlt diese Geschichte jeden Tag gespürt hat, und du bist als Deutscher dort, spielst diese Rolle, die so verantwortlich war für dieses Massenverbrechen, das muss ich sagen, war etwas, was sehr, sehr, sehr krass und intensiv war und was auch sich in meinem Körper abgespeichert hat und was auch zu einer körperlichen Reaktion eines Tages mal geführt hat, wo ich so eine kleine Panikattacke bekommen habe. Und das war wirklich schon, muss ich sagen, etwas, wo ich als Mensch sehr viel gelernt habe, wo ich dankbar bin für die Erfahrung auch, weil es mich auch herausgefordert hat, mich selbst zu fragen, wie würde ich mich eigentlich entscheiden und wie würde ich mich, wenn so ein System kommen würde, würde ich mich mit so einem System arrangieren, würde ich mich dagegen wehren, wozu wäre ich fähig? Also es war wirklich sehr, sehr intensiv, aber ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung.“

…über die Wichtigkeit von Zeitzeugen:

„Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir nie vergessen, was möglich ist, wenn Menschen sich mit einem solchen faschistischen, brutalen System arrangieren, zu was für Blüten das führen kann. Also dieses Verbrechen dort, das darf erstens nicht vergessen werden, unsere Verantwortung darf nicht vergessen werden, die wir da tragen. Und es ist aber ein universelles Problem in all unserem Menschlichen, egal welchen Background wir haben, unsere Entscheidungen sind das, was uns definiert, was unsere Familie definiert, wir müssen uns unserer Stimme gerade in einem demokratischen System bewusst sein, für was wir die eigentlich abgeben und dass wir aus unseren Fehlern lernen müssen und aus der Geschichte lernen müssen. Für mich ist das ein Film, der uns einen Spiegel vorführt und uns eigentlich eine Warnung ist, dass wir aus den Fehlern der Geschichte lernen, dass so etwas nie wieder passieren darf und nie in dieser Dimension passieren darf. Und sobald wir uns mit einem faschistischen System arrangieren oder das tolerieren, wird es immer zu einer Brutalität führen, und das kann nicht im Sinne unseres menschlichen Miteinanders sein, und das, finde ich, ist deswegen so wichtig, sich diese Fragen zu stellen, und das tut man, wenn man sich auf diesen Film einlässt“, so Christian Friedel gegenüber ANTENNE BAYERN.

Das ANTENNE BAYERN Sonntagsfrühstück mit dem umfassenden Interview mit Christian Friedel gibt es ab sofort als Podcast in voller Länge zum Nachhören auf antenne.de.