Ruhe im Gemelli - Unruhe im Vatikan
Es ist ein Auf und Ab. Den jüngsten Rückfall hat der Papst wohl einigermaßen überstanden. Aber das Gerede im Vatikan wird lauter. Bald stehen wichtige Termine an: mit oder ohne Franziskus?
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Rom (dpa) - Im Vatikan wird nach einem halben Monat Abwesenheit von Papst Franziskus die Unruhe größer. Der 88-Jährige überstand die ersten 48 Stunden nach seinem jüngsten Atemnot-Anfall nach offiziellen Angaben ohne weitere Krisen. In einem Bulletin aus dem Gemelli-Krankenhaus in Rom hieß es am Abend: «Der klinische Zustand des Heiligen Vaters blieb heute stabil.» Mit weiteren Prognosen sind die Ärzte jedoch sehr vorsichtig. Die Spekulationen über einen Wechsel an der Spitze des Kirchenstaats reißen nicht ab.
Der Vatikan ist bemüht, die Gerüchte über einen Rücktritt von Franziskus nach dem Vorbild seines deutschen Vorgängers Benedikt XVI. wieder unter Kontrolle zu bringen. Der einflussreiche italienische Kardinal Angelo Bagnasco mahnte, es gebe keinen Grund, darüber zu reden. «Die Kirche ist kein Unternehmen.» Trotzdem gehen die Spekulationen weiter - zumal für das Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken wichtige Termine anstehen. Franziskus leidet an einer schweren Lungenentzündung.
Mitte März zwölf Jahre im Amt - und im Krankenhaus?
Nächste Woche ist es zwölf Jahre her, dass der Argentinier - mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio - zum Papst gewählt wurde. Einen Monat später beginnt die Osterwoche mit einem Höhepunkt am Ostersonntag: Dann spendet das Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken normalerweise vom Balkon des Petersdoms den Segen «Urbi et Orbi» («Der Stadt und dem Erdkreis»). Darauf hat Franziskus noch nie verzichtet. Zudem ist 2025 auch noch ein «Heiliges Jahr» mit besonders vielen Rom-Pilgern.
Nach mehr als zwei Wochen im Gemelli-Krankenhaus zeichnet sich jedoch nicht ab, dass der Pontifex bald entlassen werden könnte. Jedenfalls gibt es keinerlei Termin. Aus seinem Umfeld hieß es weiterhin, der Fall sei «komplex». Aus medizinischer Sicht ist eine Lungenentzündung mit verschiedenen Erregern in so hohem Alter sehr kritisch.
Vatikan: Papst «stets wachsam und orientiert»
Inzwischen hat der Papst zwei schwere Atemnot-Anfälle hinter sich. Zuletzt erlitt er nach offiziellen Angaben am Freitag einen sogenannten Bronchospasmus: Die Muskeln in den Atemwegen verkrampften sich, er schien keine Luft mehr zu bekommen und musste sich übergeben. Daraufhin bekam er über eine Maske auf Mund und Nase mechanisch Sauerstoff zugeleitet, auch am Samstag noch. Betont wurde aber, dass er zu keinem Zeitpunkt künstlich beatmet worden sei.
Das Wochenende verlief dem Vatikan zufolge bis Sonntagabend ohne neue Komplikationen. Franziskus könne aufstehen, ernähre sich normal und sei auch «stets wachsam und orientiert». Allerdings musste der Papst sein Sonntagsgebet vor Zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz wieder ausfallen lassen - zum dritten Mal hintereinander. Das gab es in seiner Amtszeit noch nie. Aus der Klinik bedankte er sich schriftlich für Gebete und Genesungswünsche.
Wieder Rosenkranz mit Tausenden Gläubigen auf Petersplatz
Im Unterschied zu früheren Päpsten hat Franziskus Anweisung gegeben, aus seinem Gesundheitszustand kein Geheimnis zu machen. In der Öffentlichkeit war er seit seiner Einlieferung aber nicht zu sehen. Bei offiziellen Anlässen vertreten ihn hochrangige Kardinäle. Auf dem Petersplatz wird nun jeden Abend mit Tausenden Teilnehmern für ihn ein Rosenkranz gebetet. Mit seinen 88 Jahren ist er inzwischen der zweitälteste Papst der Geschichte.
Trotz verschiedener Appelle aus der Kurie - dem Machtapparat des Vatikans - wird längst über Franziskus' Nachfolge spekuliert. Auch Kardinal Bagnasco, der langjährige Vorsitzende von Italiens Bischofskonferenz, konnte daran nichts ändern. Der 82-Jährige hatte in der Zeitung «La Repubblica» gemahnt: «Die Kirche ist kein Unternehmen. Daher scheinen mir diese Gedanken, was sein wird, was getan werden wird und wie, einfach fehl am Platz.»
Spekulationen mit vielen Namen
Am häufigsten wird bei den Spekulationen die Nummer zwei des Vatikans genannt, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin (70). Als weitere Italiener sind die Kardinäle Pierbattista Pizzaballa, Matteo Zuppi und Claudio Gugerotti im Gespräch. Zuletzt stand 1978 ein Italiener an der Spitze der katholischen Kirche: Johannes Paul I., der nach nur 33 Tagen im Amt starb.
Zum großen Kreis der genannten Kandidaten gehören aber auch Nicht-Italiener wie Petér Erdö aus Ungarn, Jean-Claude Hollerich aus Luxemburg, Wim Eijk aus den Niederlanden, Jean-Marc Aveline aus Frankreich, Luis Antonio Tagle von den Philippinen, Stephen Chow aus Hongkong oder Fridolin Ambongo Besungu aus dem Kongo. Wahlberechtigt in einem Konklave wären aktuell 137 Kardinäle aus aller Welt.