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Kretschmer bleibt Ministerpräsident von Sachsen

Am Ende war es nur eine kurze Zitterpartie. Michael Kretschmer ist für eine weitere Wahlperiode Regierungschef in Sachsen. Doch das Regieren wird schwieriger als bisher.

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Ministerpräsidentenwahl in Sachsen Robert Michael/dpa

Dresden (dpa) - Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) kann für weitere fünf Jahre die Geschicke des Freistaates gestalten - wenn auch unter gänzlich anderen Vorzeichen. Denn erstmals in Sachsen geht eine Minderheitsregierung an den Start. Der Koalition aus CDU und SPD fehlen zehn Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sein Wunsch sei, über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, gab Kretschmer nach seiner Wahl zu Protokoll. «Wir können uns heute gemeinsam auf den Weg machen.»

Wiederwahl gelingt im zweiten Wahlgang

Kretschmer schaffte seine zweite Wiederwahl im Landtag erst im zweiten Wahlgang. Dabei stimmten 69 Abgeordnete für ihn. Seine Kontrahenten Jörg Urban von der AfD und Matthias Berger als Kandidat der Freien Wähler kamen auf eine Stimme beziehungsweise 39 Stimmen. Im ersten Wahlgang hatte Kretschmer die absolute Mehrheit verfehlt und nur 55 Stimmen bekommen. In der zweiten Runde reichte die einfache Mehrheit.

AfD trickst und gibt Stimmen an Kandidaten der Freien Wähler

Am Ende gab es doch so etwas wie einen «Kemmerich-Moment» im Sächsischen Landtag. Dabei hatten das die Grünen mit einem Antrag zu einem neuen Zählmodus für die Wahl eigentlich verhindern wollen. Im zweiten Wahlgang unterstützte die AfD nicht mehr ihren eigenen Partei- und Fraktionschef Jörg Urban, sondern gaben dem Kandidaten der Freien Wähler, Berger, die Stimme.

Das erinnerte fatal an einen Vorgang im benachbarten Freistaat Thüringen. Im Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich dort mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Die AfD hatte im dritten Wahlgang ihrem Kandidaten überraschend die Unterstützung versagt und gemeinsam mit CDU und FDP für Kemmerich gestimmt. Er nahm die Wahl an, trat aber wenig später nach Protesten zurück.

Doch in Sachsen ging die Rechnung nicht auf. «Auch Herr Berger steht für eine politische Veränderung in Sachsen», begründete Urban das ungewöhnliche Votum. Ein Täuschungsmanöver sah er darin nicht. «Es war der Versuch, Menschen, die Herrn Berger und sein Modell wählen wollen, nicht abzuschrecken durch eine offensichtliche Unterstützung der AfD.»

Grüne sind mit sich im Reinen

Am Ende war die Erleichterung im Landtag bei fast allen Fraktionen spürbar - selbst bei den Grünen, die nach fünf Jahren Regierungsbeteiligung nun wieder auf den Oppositionsbänken Platz genommen haben. «Wir sind durch und durch Demokraten. Es war wichtig, dass ein demokratischer Ministerpräsident ohne Stimmen der AfD ins Amt kommt», sagte Fraktionschefin Franziska Schubert. Dazu hätten die Bündnisgrünen ihren Beitrag geleistet.

«Opposition gibt gewissen Freiheiten zurück, ein Stück weit freuen wir uns darauf», sagte Schubert und zog damit endgültig einen Schlussstrich unter das zerrüttete Verhältnis zur CDU. Am Vortag hatte sie klargestellt, dass Kretschmer nicht mit den Stimmen der Grünen rechnen könnte. «Wir sind weder Hitzköpfe, noch neigen wir zu fehlender Impulskontrolle», sagte Schubert. Am Ende lief es bei den Grünen wohl auf Enthaltung hinaus. Elf Abgeordnete enthielten sich.

Linke unterstützen Kretschmer offen

Dass ausgerechnet die Linken sich schon vor der Wahl zu Kretschmer bekannten, darf als Überraschung bezeichnet werden. Denn in den letzten drei Jahrzehnten hatte die CDU jeden Antrag der Linken im Parlament abgelehnt. «Wir gewähren Michael Kretschmer einen Vertrauensvorschuss, stellen aber keinen Blankoscheck aus», sagte Fraktionschefin Susanne Schaper.

Christian Hartmann, Fraktionschef der CDU, sah im Anschluss keinen Verstoß gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei, wenn man fortan mit den Linken bei Sachthemen zusammenarbeite. Von Unvereinbarkeitsbeschlüssen halte er selbst grundsätzlich nicht viel, sagte er.

Berger glaubt nicht an Erfolg der Minderheitsregierung

Freie-Wähler-Kandidat Berger zeigte sich mit seinem Ergebnis zufrieden. «Wir sind da völlig reingestolpert.» Noch vor vier Monaten habe niemand damit gerechnet, dass die Freien Wähler einen Kandidaten aufstellen, nun habe er sogar noch den zweiten Platz belegt. Berger wünschte Kretschmer viel Glück, glaubt aber nicht an einen Erfolg der Minderheitsregierung. Schon für den anstehenden Haushalt sieht er keine Mehrheit im Parlament.

Kretschmer betonte, ein neuer Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 sei die erste Aufgabe für die neue Regierung. «Alleine dafür brauchen wir die Unterstützung der Abgeordneten im sächsischen Landtag.»

Das «Minderheitszeitalter» hatte am Vortag mit hoffnungsvollen Zeichen begonnen. Genau in dem Augenblick, als Kretschmer und SPD-Chef Henning Homann den Koalitionsvertrag im oberen Landtagsfoyer unterzeichneten, kam die Sonne heraus und setzte die Bündnispartner in das rechte Licht. Beide sehen ihren Vertrag als Offerte an andere, mitzugestalten.

CDU und SPD fehlen zehn Stimmen für eigene Mehrheit

Nach der Wahl forderte Kretschmer die Parlamentarier auf, mitzuarbeiten. Die anstrengende Zeit des Wahlkampfes sei vorbei, nun gehe es darum, dem Land eine gute Zukunft zu geben, sagte er.

Der CDU-Politiker und seine Minderheitsregierung sind für Mehrheiten auf Stimmen anderer Fraktionen angewiesen. Dazu wollen sie den Landtag stärker beteiligen. CDU und SPD haben einen Konsultationsmechanismus angekündigt, mit dem die anderen Parteien schon frühzeitig in Vorhaben einbezogen werden sollen und dafür auch eigene Vorschläge einbringen können. Das gilt grundsätzlich auch für die AfD.

Dennoch wollen CDU und SPD ihre Mehrheiten jenseits der AfD suchen, deren sächsischer Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wird. Kretschmer und auch SPD-Chef Henning Homann hatten wiederholt betont, dass es keine Kooperation mit der AfD geben kann. Am Donnerstag will Kretschmer sein neues Kabinett in Dresden vorstellen.

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