Mann stirbt bei Kopfschüssen im Frankfurter Hauptbahnhof
Die Tat erschüttert: An einem Bahnsteig mitten im Frankfurter Hauptbahnhof wird ein Mann getötet. Dabei gilt in dem Gebäude erst seit Kurzem ein Waffenverbot.
Frankfurt/Main (dpa) - Mitten im Frankfurter Hauptbahnhof soll ein Mann einen 27-Jährigen durch Kopfschüsse getötet haben. Der mutmaßliche Täter - ein 54-Jähriger - konnte kurz darauf von der Bundespolizei festgenommen werden. Gegen ihn wurde Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes erlassen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Das Opfer starb nach der Attacke am Dienstagabend am Tatort. Bei den zwei Männern handelt es sich laut den Angaben der Ermittler um türkische Staatsangehörige.
Unklar war zunächst, in welchem Verhältnis die beiden zueinander standen. «Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang, deswegen bitte ich um Verständnis, dass wir zur Motivlage und der Beziehung zwischen Tatverdächtigem und Opfer noch nichts sagen können», sagte der Sprecher der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Dominik Mies.
Mehrere Schüsse in den Kopf
Was genau spielte sich mitten in einem der größten Bahnhöfe Deutschlands ab? Um kurz nach 21.00 Uhr soll sich der 54-Jährige laut der Ermittlungsbehörde in Höhe von Gleis 9 auf das spätere Opfer zubewegt und ihm von hinten in den Kopf geschossen haben, wie Mies schilderte. Nachdem der 27-Jährige zu Boden gegangen sei, habe der Tatverdächtige noch zweimal in den Kopf des Mannes geschossen, bevor er die Pistole weggeworfen und Flucht ergriffen habe.
Dank des beherzten und professionellen Einschreitens der Bundespolizei sei der Verdächtige noch unweit des Tatorts an Gleis 7 festgenommen worden, hieß es. Die Beamten hätten verhindert, dass der Mann einen Zug besteigen und flüchten konnte. Der Tatverdächtige ist laut Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg gemeldet. Das Opfer habe keine Meldeanschrift gehabt. Laut Staatsanwaltschaft äußerte sich der 54-Jährige zunächst nicht zur Tat.
Nach den Schüssen musste der Hauptbahnhof wegen des Polizeieinsatzes für Züge und Passagiere für etwa 25 Minuten gesperrt werden. Zudem wurde der Bereich um Gleis 9 großräumig mit einem rot-weißen Flatterband abgesperrt. Reisende liefen etwas planlos umher. Ein mutmaßlicher Augenzeuge sagte einem dpa-Reporter, dass der mutmaßliche Täter direkt mehrere Schüsse abgegeben habe. Der Sarg mit der Leiche des Mannes wurde später in einem Auto abtransportiert. Die mutmaßliche Tatwaffe entdeckten die Ermittler bei der Spurensicherung.
«Der Bahnhof ist schlimmer geworden»
Am Tag nach der Tat herrschte am Frankfurter Hauptbahnhof wieder alltägliches Treiben. Passanten eilten mit ihrem Gepäck umher, in Hessen gehen die Sommerferien in dieser Woche zu Ende. Von den Vorfällen haben viele noch gar nichts mitbekommen.
«Dass so etwas mitten im Bahnhof passiert, ist schon erschreckend», sagt eine Studentin aus Frankfurt, die auf dem Weg nach München ist. Zumal ja auch das Bahnhofviertel berüchtigt sei. «Der Bahnhof ist schlimmer geworden», sagt ein Mann, der nach eigenen Angaben seit über 20 Jahren an einem Bäckerei-Stand in der Nähe von Gleis 9 arbeitet. Etwas gelassener sieht es eine Frau aus Gießen. Man dürfe sich nicht verrückt machen, «sonst hat man am Ende überall Angst», sagt sie. Man könne auch auf der Straße angegriffen werden. Und: «Ich denke, man erschießt ja nicht jemanden ohne Grund. Ich nehme mal an, die beiden werden sich gekannt haben.»
Der Fall sei erschütternd, sagte Hessens Innenminister Roman Poseck. «Ich verstehe auch, dass er zu Sorgen bei den Menschen im Hinblick auf die Sicherheit in unseren Bahnhöfen führt». Zunächst gelte es, die Motivlage zu klären. Klar sei aber auch, dass mehr für die Sicherheit gemacht werden müsse. «Unabhängig vom konkreten Fall gehören für mich dazu ein strengeres Waffenrecht, mehr Kontrollbefugnisse für die Polizei und eine konsequente Anwendung des Ausländerrechts. Wir müssen Ausländer, die bei uns Waffen und Messer gegen andere Menschen einsetzen, konsequent in ihre Heimatstaaten zurückführen», sagte der CDU-Politiker.
Seit Juni gilt nächtliches Waffenverbot
Am Hauptbahnhof gilt seit 1. Juni ein nächtliches Waffenverbot. Seitdem dürfen zwischen 20.00 und 5.00 Uhr im Bahnhofsgebäude keine Waffen nach dem Waffengesetz sowie Messer mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern mitgeführt werden. Zuvor war bereits im Bahnhofsviertel, das auch wegen seiner offenen Drogenszene als ein Kriminalitätsschwerpunkt der Stadt gilt, ein Waffenverbot eingeführt worden.
Nach Angaben der Bundespolizei hatte sich seit den Corona-Jahren die Zahl der Gewaltdelikte mit Waffengebrauch im Hauptbahnhof mehr als verdoppelt: von 80 im Jahr 2019 auf 176 im Jahr 2022.
Der Frankfurter Hauptbahnhof wurde am 18. August 1888 - damals als «Centralbahnhof» in Betrieb genommen. Mit täglich rund einer halben Million Fahrgästen und Besuchern sowie weit mehr als tausend Zügen zählt er heute zu den wichtigsten Verkehrsknoten in Deutschland.