EU-Pläne: Wie ein Gesetz für mehr Abschiebungen sorgen soll
Härtere Abschieberegeln, schärfere Kontrollen, mögliche Haft: Ein neues Gesetz soll Rückführungen abgelehnter Asylbewerber beschleunigen. Wie und wann es kommt, ist aber noch offen.


Straßburg (dpa) - Die Frage von Rückführungen abgelehnter Asylbewerber sorgt in der EU immer wieder für hitzige Debatten – besonders nach Anschlägen wie in Magdeburg und Aschaffenburg. Viele europäische Regierungen fordern schon länger schärfere Regeln, um ausreisepflichtige Migranten schneller in ihre Herkunftsländer zurückschicken zu können. Die EU-Kommission hat jetzt einen Vorschlag für eine neue Verordnung präsentiert. Fragen und Antworten zu zentralen Punkten:
Warum braucht die EU neue Regeln für Rückführungen?
Aktuell kehrt nach Angaben der EU-Kommission nur etwa ein Fünftel der Menschen, die zur Ausreise verpflichtet sind, tatsächlich in die Herkunftsländer zurück. Viele bleiben, weil Herkunftsstaaten die Aufnahme verweigern oder Verfahren zu lange dauern. Das gilt als großes Problem, insbesondere in Zeiten hoher Migrationszahlen. Mit den neuen Regeln will die Kommission Abläufe effizienter gestalten und sicherstellen, dass mehr abgelehnte Asylbewerber tatsächlich zurückkehren.
Was sieht der Gesetzentwurf der Kommission vor?
Abgelehnte Asylbewerber sollen etwa verpflichtet werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Bei Verweigerung der Zusammenarbeit drohen Konsequenzen - etwa die Kürzung von Leistungen oder ein längeres Einreiseverbot.
Außerdem sollen strengere Regeln für Personen gelten, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden. So sollen etwa die Gründe für eine Inhaftierung erweitert werden.
Ein wichtiger Punkt ist auch die gegenseitige Anerkennung von Rückkehrentscheidungen. Das bedeutet, dass Abschiebebescheide, die in einem EU-Land erlassen wurden, auch in anderen Mitgliedstaaten automatisch gelten sollen. So könnte eine Person, die in einem Land zur Rückkehr verpflichtet wurde, nicht einfach in ein anderes EU-Land weiterreisen, um das Verfahren zu umgehen.
Soll es Rückführungszentren geben?
Ja, der Vorschlag umfasst auch die Möglichkeit von Rückführungszentren. Damit sind Einrichtungen außerhalb der EU gemeint, in denen Migranten untergebracht werden, die aus der EU abgeschoben wurden oder auf ihre Rückkehr in ihr Heimatland warten. Die Idee ist, dass diese Zentren Abschiebungen erleichtern und verhindern sollen, dass Migranten nach Europa zurückkehren. Dabei müssen Menschenrechtsstandards eingehalten und die Umsetzung überwacht werden. Minderjährige und Familien mit Kindern sind ausgenommen.
Der schwedische Migrationsminister Johan Forssell betonte kürzlich, dass die EU-Kommission in diesem Bereich eine führende Rolle übernehmen müsse. «Wir sind 27 verschiedene Mitgliedsstaaten, die alle die gleichen Herausforderungen haben, aber wir können nicht 27 verschiedene Rückführungszentren haben», sagte er der dpa.
Kommt dann auch so etwas wie das italienische «Albanien-Modell»?
Das sogenannte Albanien-Modell Italiens spielt zunächst keine Rolle in den Plänen der Kommission. Es sieht vor, dass Migranten, die noch auf ihre Asylentscheidung warten, in Drittstaaten – in diesem Fall Albanien – untergebracht werden.
Allerdings ist das Modell rechtlich höchst umstritten. Die italienische Regierung unter Giorgia Meloni ist damit bereits vor mehreren Gerichten gescheitert. Nun befasst sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Rechtmäßigkeit der Pläne.
Warum ist überhaupt ein neues Gesetz notwendig?
Aus Sicht von EU-Kommissar Brunner sind die Rückführungspläne der «noch fehlende Teil nach dem Asyl- und Migrationspakt». Und etliche Mitgliedstaaten sehen die im Frühjahr beschlossene EU-Asylreform als unzureichend an. Viele bezweifeln, dass sie die aktuellen Probleme lösen kann. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Asylreform sich wegen der Übergangsfrist noch bis Juni 2026 hinziehen könnte.
Mit der umstrittenen Reform werden Mitgliedstaaten etwa zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen verpflichtet, damit rasch festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet sind und die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können.
Wann kann das Gesetz in Kraft treten?
Das ist offen. Nach der Vorstellung des Entwurfs durch den zuständigen EU-Kommissar Brunner muss dieser vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union geprüft und angenommen werden. Der genaue Zeitplan für die Umsetzung hängt von den Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen ab.
Wie viele Abschiebungen gibt es in Deutschland?
Wie das Bundesinnenministerium im Januar mitteilte, gab es in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 insgesamt 18.384 Rückführungen. Unter den Hauptherkunftsländern steht die Türkei auf dem ersten Platz: 1.720 türkische Staatsbürger mussten Deutschland 2024 auf diesem Weg verlassen. An zweiter Stelle standen demnach Georgier mit 1.678 Abschiebungen, gefolgt von Menschen aus Syrien, Afghanistan, Nordmazedonien, Albanien, Serbien und dem Irak.