Belästigungs-Prozess gegen Filmstar Depardieu gestartet
Hat Frankreichs Starschauspieler Gérard Depardieu Frauen am Set belästigt? Darüber soll ein Pariser Gericht entscheiden. Die Filmikone bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt sorgt für Furore.


Paris (dpa) - Erstmals sitzt Frankreichs Filmikone Gérard Depardieu wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe vor Gericht. Der 76-Jährige lief am Mittag leicht auf seinen Anwalt gestützt in den prall gefüllten Pariser Gerichtssaal. Verteidiger Jérémie Assous sagte vor der Presse: «Alle Anschuldigungen sind gelogen.» Dies werde man nun beweisen. «Die Wahrheit ist auf unserer Seite.»
Assous beklagte, die Ermittlungen seien nicht gründlich genug geführt worden, und beantragte wegen Formfehlern eine Annullierung des Prozesses. Dem gab das Gericht zunächst nicht statt. Depardieus Anwalt brachte sodann kurzfristig rund 300 Seiten Akten vor, die gesichtet werden sollten. Die Nebenklage warf ihm Verzögerungstaktik vor.
Eigentlich hatte das Verfahren gegen den einst gefeierten Filmhelden bereits im Oktober stattfinden sollen. Kurzfristig wurde es dann aber wegen des Gesundheitszustands des Angeklagten verschoben. Laut medizinischem Gutachten soll der Darsteller nun nur sechs Stunden am Tag in der Anhörung sitzen. Zwischendrin soll es für ihn eine 15-minütige Pause geben.
Beide Klägerinnen anwesend
Der Prozess dreht sich um Vorwürfe sexueller Belästigung bei den Dreharbeiten zum Film «Les volets verts» (Die grünen Fensterläden) von Regisseur Jean Becker im Jahr 2021. Zwei Frauen haben Beschuldigungen gegen Depardieu vorgebracht. Sie waren im Gericht anwesend.
Eine der Klägerinnen, eine über 50-jährige Dekorateurin, wirft ihm vor, sie an dem Drehort, einer Pariser Wohnung, in einem Korridor an sich gezogen zu haben. Dabei soll er sie mit seinen Beinen fixiert und sie über der Kleidung an Brust, Gesäß und Intimbereich berührt haben – begleitet von obszönen Bemerkungen. Im Februar 2024 erstattete sie Anzeige wegen sexueller Übergriffe, Belästigung und sexistischer Beleidigungen.
Die zweite Klägerin, eine Regieassistentin, wirft dem Schauspieler vor, sie am Filmset unsittlich an Brust und Gesäß berührt zu haben. Bereits zuvor soll er ihr auf der Straße nachgestellt haben. Sie zeigte ihn im März 2024 an. Depardieu drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug und 75.000 Euro Geldstrafe.
Kämpferischer Anwalt verteidigt Depardieu
Depardieu hat sich zu seiner Verteidigung den bekannten Strafverteidiger Jérémie Assous genommen. Der 48-Jährige ist bekannt für seinen scharfsinnigen und provokativen Stil und hatte bereits im Herbst 2024 die Verschiebung des Prozesses erreicht.
Im Vorfeld bezeichnete er die Anschuldigungen als «völlig erfunden». Am Dienstag will Assous etliche Zeugen hören lassen - darunter die Schauspielerin Fanny Ardant und eine Lichttechnikerin.
Depardieu selbst bestreitet sämtliche Vorwürfe. In einem in der Zeitung «Le Figaro» Anfang Oktober 2023 veröffentlichten Brief bezeichnet er sich als Opfer einer «medialen Lynchjustiz». Er sei sein ganzes Leben lang provokativ, anmaßend und manchmal unhöflich gewesen. Ein Vergewaltiger sei er jedoch nicht. Niemals habe er eine Frau missbraucht.
Proteste vor Prozessbeginn
Zum Prozessauftakt versammelten sich Frauenrechtlerinnen vor dem Gerichtsgebäude. Auf ihren Spruchbändern war zu lesen: «Wir glauben den Opfern» und «Alle Vergewaltigungen vor Gericht, alle Prozesse ins Rampenlicht.»
Seit Jahren melden sich immer mehr Frauen zu Wort, die Depardieu sexuelle Übergriffe vorwerfen. Nur noch wenige Personen stehen seitdem zu der einst gefeierten Größe der französischen Kultur. Zu ihnen gehören Schauspielerin Ardant, seine Ex-Lebensgefährtin Carole Bouquet und Magda Vavrusova. Die Schauspielerin und Produzentin ist seit 2017 seine Partnerin.
Möglicherweise muss Depardieu auch in einem weiteren Fall vor Gericht. 2018 hatte ihn die Schauspielerin Charlotte Arnould wegen mutmaßlicher Vergewaltigung verklagt. Auch diesen Vorwurf weist er von sich.
Der preisgekrönte Schauspieler hat in mehr als 200 Filmen gespielt, viele sind zu Klassikern des Kinos geworden, wie «Cyrano von Bergerac», «Asterix und Obelix» und «Die letzte Metro».