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Brandenburg hat die Wahl - AfD und SPD ringen um Platz eins

Rund 2,1 Millionen Menschen können heute bestimmen, wer künftig die Politik in Brandenburg prägt. Das Ergebnis wird auch im Bund mit Spannung beobachtet.

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Wahlen zum Brandenburger Landtag Soeren Stache/dpa

Potsdam (dpa) - Nach einem hitzigen Wahlkampf um die Themen Migration, innere Sicherheit und Frieden wählt Brandenburg heute einen neuen Landtag. Erwartet wird nach letzten Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der AfD mit der SPD, die in Brandenburg seit der Deutschen Einheit 1990 durchgehend regiert. Ministerpräsident Dietmar Woidke will nur im Amt bleiben, wenn seine SPD vor der AfD liegt. Die Wahllokale öffnen um 8.00 Uhr.

Brandenburg hat zwar nur 2,1 Millionen Wahlberechtigte - im Vergleich zum Beispiel zu knapp 13 Millionen allein in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem gilt die letzte Landtagswahl dieses Jahres als bundespolitisch wichtig. Die AfD hat sich zum Ziel gesetzt, mit einem Wahlsieg in Brandenburg die Ampel-Koalition im Bund zu «zertrümmern». Die Kanzlerpartei SPD hofft hingegen, nach schlechten Umfragewerten zumindest diese Hochburg zu halten und sich zu stabilisieren. 

Woidkes riskante Ansage

Sollte die AfD die Sozialdemokraten als stärkste Kraft ablösen, könnte es politisch auch für Bundeskanzler Olaf Scholz gefährlich werden. Der SPD-Politiker gilt ein Jahr vor dem Termin der nächsten Bundestagswahl als angezählt.

Woidke hatte im Wahlkampf ausdrücklich Distanz zu Scholz gehalten und mit einer riskanten Ansage alles auf eine Karte gesetzt: Sollte die AfD tatsächlich Nummer eins werden, werde er sein Regierungsamt abgeben. Damit gelang es ihm und der SPD, auf der Zielgerade in Umfragen fast zur AfD aufzuschließen. Zum Wahlkampfabschluss sagte Woidke, es stehe «Spitz auf Knopf. Wir oder die.»

Sperrminorität möglich?

Die AfD wird vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt. Das bedeutet, die Verfassungsschützer sehen «tatsächliche Anhaltspunkte» dafür, dass «verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt werden». 

Da niemand mit ihr koalieren will, hat die AfD kaum Aussicht zu regieren - auch wenn sie ihren Spitzenkandidaten Hans-Christoph Berndt im Wahlkampf schon zum künftigen Ministerpräsidenten und Bundeschefin Alice Weidel zur nächsten Bundeskanzlerin ausrief. Relevant wäre in Brandenburg eine sogenannte Sperrminorität: Mit mehr als einem Drittel der Mandate könnte die AfD zum Beispiel die Wahl von Verfassungsrichtern blockieren. 

Blick aus dem Ausland

Das Erstarken der AfD, die vor drei Wochen in Thüringen Nummer eins wurde und auch in Sachsen sehr gut abschnitt, hat zuletzt auch im Ausland Sorgen vor einem Rechtsruck in Deutschland ausgelöst, etwa bei Partnern in der Nato und der EU. 

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte, die Landtagswahl zeige, wie Deutschland «in der Welt» dastehe. Auch Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, betonte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Bedeutung der Wahl gehe weit über die Grenzen des Bundeslandes hinaus.

Vier Parteien - oder sieben?

In Potsdam regiert die SPD derzeit mit CDU und Grünen. Wie eine künftige Regierungskoalition aussehen könnte, ist offen. Im ZDF-Politbarometer vor wenigen Tagen lag die AfD mit 28 Prozent knapp vor den Sozialdemokraten mit 27 Prozent. Dahinter folgten die CDU mit 14 Prozent auf Platz drei und das erst dieses Jahr gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht mit 13 Prozent auf Rang vier. Denkbar ist, dass nur SPD, CDU und BSW zusammen eine Mehrheit gegen die AfD bilden können. 

Die Grünen lagen in der Umfrage mit 4,5 Prozent und die Linke mit 4 Prozent knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde, die Freien Wähler mit 3,5 Prozent deutlicher. Falls eine der Parteien mindestens ein Direktmandat erringt, käme sie aber über die sogenannte Grundmandatsklausel mit mehreren Abgeordneten in den Landtag. Möglich ist also ein Parlament mit nur vier Parteien - oder aber mit bis zu sieben. Die FDP gilt hingegen als chancenlos. 

Abstände im Rahmen der Fehlermarge

Zu beachten ist bei Wahlumfragen grundsätzlich, dass sie keine Prognose sind, sondern eine Momentaufnahme. Wegen der statistischen Fehlermarge sind sehr enge Ergebnisse mit besonderer Vorsicht zu betrachten. Im Politbarometer etwa betrug der Fehlerbereich nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen bei einem Anteilswert von 40 Prozent gut plus oder minus drei Prozentpunkte, bei einem Anteilswert von 10 Prozent immer noch gut plus oder minus zwei Prozentpunkte.

Zu vergeben im Potsdamer Landtag üblicherweise 88 Mandate. Gibt es viele Überhang- und Ausgleichsmandate, können es bis zu 110 Mandaten werden. Bei der Landtagswahl 2019 kam die SPD auf 26,2 Prozent, die AfD auf 23,5 Prozent, die CDU auf 15,6 Prozent, die Linke, auf 10,7 Prozent und die FDP auf 4,1 Prozent. Die Grünen kamen auf 10,8 Prozent und die Freien Wähler auf 5,0 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:240922-930-239461/1