Auto fährt in München in Demo: Was wir wissen und was nicht
In der Münchner Innenstadt läuft eine Demo, als plötzlich ein Auto in eine Menschenmenge fährt. Bundeskanzler Scholz (SPD) spricht von einem «Anschlag», es gibt Hinweise auf ein islamistisches Motiv.
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![Auto in München in Menschengruppe gefahren](/media/cache/3/version/109002/svxtecernw-v3-ax-s2048-v1.jpeg/2fc024162e2cc907b4bbdcc6f9548079.jpg)
München (dpa) - In der Innenstadt von München fährt ein Fahrzeug in eine Menschengruppe.
Was wir wissen
- Der Ablauf: Ein Mann fährt gegen 10.30 Uhr am Münchner Stiglmaierplatz mit einem Auto von hinten in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi.
- Die Verletzten: Mindestens 28 Menschen wurden nach Angaben der Polizei verletzt, einige von ihnen schwer. Nach ersten Angaben der Feuerwehr ist Lebensgefahr bei einigen Menschen nicht auszuschließen. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) teilte mit, es seien auch Kinder unter den Verletzten.
- Der Verdächtige: Bei dem Fahrer handelt es sich laut Polizei um einen 24 Jahre alten Asylbewerber aus Afghanistan. Der Mann sei gefasst worden, bei der Festnahme habe die Polizei auch geschossen. Der Fahrer sei bei der Festnahme «leicht verletzt» gewesen. Es handelte sich aber nicht um eine Schussverletzung, wie die Polizei weiter erklärte. Von ihm gehe derzeit keine weitere Gefahr aus, sagte ein Sprecher. Es gibt nach Polizeiangaben keine Hinweise auf weitere Beteiligte. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, dass der Mann als Asylbewerber ins Land gekommen sei, sein Asylantrag aber «wohl» abgelehnt worden sei. Gleichzeitig sei festgestellt worden, «dass er eben im Moment nicht abgeschoben werden kann und er deshalb sich weiter in unserem Land aufhalten durfte», erklärte Herrmann. Der junge Mann sei außerdem «mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen aufgefallen», aber nach aktuellem Ermittlungsstand nicht mit Gewalttaten. Der Tatverdächtige war nach dpa-Informationen bereits seit Herbst 2020 ausreisepflichtig. Er hatte wenige Wochen nach seiner Ankunft einen Asylantrag gestellt, der im September 2017 abgelehnt worden war. Dagegen klagte der junge Mann - allerdings ohne Erfolg. Ende 2016 war er als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland gekommen. Zuvor soll er sich in Italien aufgehalten haben.
- Das Motiv: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem «furchtbaren Anschlag». Erste Hinweise auf ein islamistisches Tatmotiv gibt es in sozialen Netzwerken: Der Verdächtige soll vor der Tat einen mutmaßlich islamistischen Post abgesetzt haben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat der Afghane einen entsprechenden Inhalt in sozialen Netzwerken geteilt. Der «Spiegel» hatte zuvor von mutmaßlich islamistischen Beiträgen des Verdächtigen geschrieben. Nach Angaben von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat die bayerische Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. Vom Bundesamt für Verfassungsschutz hieß es, das Bundesamt sei «eng in die Untersuchungen eingebunden» und stehe mit den Behörden vor Ort im Austausch.
- Der Einsatzort: Der Stiglmaierplatz liegt in der Münchner Maxvorstadt. Auch einige Straßen vom Stiglmaierplatz entfernt standen am Vormittag mehrere Rettungswagen.
- Die Konsequenzen: Kanzler Scholz erklärte, dass der Täter «bestraft werden» und «das Land verlassen» müsse. Er müsse in das Land zurückkehren, «aus dem er gekommen ist», bekräftigte Scholz. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte die «maximale Härte» des Rechtsstaats und umfassende Aufklärung an. Deutschland schiebe als einziger Staat in Europa nach Afghanistan ab - und werde dies auch weiterhin tun, sagte Faeser. Bayerns Innenminister Herrmann warf der Bundesebene dagegen vor, nur wenige Abschiebungen nach Afghanistan zugelassen zu haben. Bei «Tausenden von Afghanen mit abgelehntem Asylantrag» habe bislang keine Abschiebung stattfinden können, kritisierte Herrmann.
Was wir nicht wissen
- Die Hintergründe: Wie und warum es zu dem Vorfall kam, ist noch nicht geklärt. Um weitere Hinweise zu sammeln, auch zu einer möglichen islamistischen Motivation des Täters, richtete die Polizei eine Zeugen-Sammelstelle ein und rief auf der Plattform X dazu auf, relevante Videos und Bilder in einem Internetportal hochzuladen.
- Die Demonstration: Ob der Vorfall in Zusammenhang mit der Demonstration oder der Gewerkschaft Verdi steht, ist nach aktuellem Stand unklar. Verdi ruft derzeit bundesweit zu Warnstreiks und Kundgebungen zur aktuellen Tarifrunde im öffentlichen Dienst auf. Bayerns Innenminister Herrmann erklärte, dass der Mann wohl nicht gezielt diese Demonstration ausgesucht hätte. «Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Zielgruppe hier, dass die Opfer aus den Reihen dieser Verdi-Demonstration eher zufällig waren», sagte Herrmann. «Aber auch dem muss natürlich nachgegangen werden.» Die Demonstration, an der laut Verdi mehrere hundert bis tausend Menschen teilnahmen, sei nach der Tat abgebrochen worden.
- Die Sicherheitskonferenz: Am Freitag beginnt im Hotel Bayerischer Hof - nur rund zwei Kilometer vom Einsatzort entfernt - die Münchner Sicherheitskonferenz. Ab Donnerstagnachmittag werden mehr als 60 Staats- und Regierungschefs und mehr als 100 Minister erwartet. Ob der Vorfall Auswirkungen auf das Treffen hat, ist noch unklar.