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Großeinsatz auf der Ostsee wegen Feuers auf Tankschiff

Ein Großaufgebot von Einsatzkräften hat wohl Schlimmeres verhindert. Mehrere Schiffe eilen dem brennenden Tanker «Annika» zu Hilfe. Die Ursache der Havarie ist noch unklar.

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
Öltanker brennt vor Kühlungsborn -/Die Seenotretter - DGzRS/dpa

Heiligendamm (dpa) - Ein Feuer auf einem Tankschiff auf der Ostsee vor Mecklenburg-Vorpommern hat einen Großeinsatz ausgelöst. Die Ladung der 73 Meter langen «Annika» besteht nach Angaben des Havariekommandos aus etwa 640 Tonnen Öl. Das 12 Meter breite Schiff war den Angaben zufolge auf dem Weg von Rostock nach Travemünde und liegt etwa 4,5 Kilometer vor Heiligendamm vor Anker. Laut Schweriner Umweltministerium ist bisher keine Gewässerverunreinigung entstanden. Es bestehe eine Verbindung zu einem Schlepper. Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) äußerte sich besorgt.

Ungeklärte Ursache für Brand

Das Feuer war am Morgen aus ungeklärter Ursache im Heckbereich des Schiffes, das unter anderem große Schiffe mit Treibstoff versorgen kann, ausgebrochen. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger brachte die sieben Besatzungsmitglieder in Sicherheit und an Land. Unterschiedliche Angaben gab es zunächst zum Gesundheitszustand der Besatzung. Das Umweltministerium teilte mit, die Geretteten seien offenbar unverletzt. Nach Angaben des Havariekommandos wurden dagegen mehrere Personen leicht verletzt.

Von drei Schiffen aus hätten die Einsatzkräfte mit der Brandbekämpfung von außen begonnen. Feuerwehrteams machten sich mit Hubschraubern auf dem Weg zum Tanker. Am frühen Nachmittag gingen sie zur Erkundung an Bord der «Annika». Anschließend sollte das weitere Vorgehen beraten werden. Nach Angaben der Polizei wurde eine Sperrzone von drei Seemeilen um den Einsatzort eingerichtet.

Schwarzer Rauch

Auf Fotos ist zu sehen, wie von den Einsatzschiffen große Wassermengen auf den Tanker gesprüht werden. Schwarzer Rauch dringt aus dem Bereich des Hecks mit Maschinenraum und Brücke aus dem Schiff. Der Rauch des brennenden Schiffes ist den Seenotrettern zufolge bis zur Küste sichtbar. Weitere Details sowie die Ursache des Feuers seien bisher nicht bekannt.

Umweltminister Backhaus sprach von einer sehr dynamischen Lage. Er verfolge die Ereignisse mit Sorge. «Ich bin froh, dass die Besatzung schnell evakuiert werden konnte.» In Abstimmung mit dem Havariekommando, das die Gesamteinsatzleitung übernommen habe, verschaffe man sich derzeit ein Lagebild. «Wir werden alles tun, um größeren Schaden für die Umwelt abzuwenden.»

In Sichtweite der Küste

Die Havarie ereignete sich in Sichtweite der stark touristisch geprägten Küste zwischen Warnemünde und Kühlungsborn. Martin Delpiano-Weber der mit seiner Frau im Hotel in Heiligendamm zu Gast ist, sagte, sie hätten das Schiff am Morgen gesehen, als sie gegen 9.30 Uhr aus dem Spa-Bereich gekommen seien. Er berichtete von einer Art Feuerwalze oder Stichflamme. «Parallel wurde schon gelöscht.»

Der Chef des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf, reagierte schockiert. «Das ist eine Situation, vor der wir uns im Tourismus immer fürchten», sagte er. «Wir haben hier sehr verkehrsreiche Gewässer.» Der Brand des Küstentankschiffs sei eine Großschadenslage, deren Folgen bisher nicht vollständig abgeschätzt werden könnten.

Lob vom WWF für schnellen Einsatz 

Die Umweltorganisation WWF lobte den schnellen Einsatz der Rettungskräfte und Löschmannschaften. Das Havariekommando Nord habe sich bewährt, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros in Stralsund, Finn Viehberg. «Das ist die Forderung, die wir immer wieder stellen: Ein dichtes Havariekommandonetz über die gesamte Ostsee», sagte Viehberg. Das sei nicht überall gegeben, wo Gefahrgutschiffe unterwegs seien, betonte er.

Wissenschaftler in Sorge um Umwelt

Der Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Oliver Zielinski, blickt mit großer Sorge auf den Brand. «Das ist ein mit 640 Tonnen Schweröl beladenes Schiff wenige Kilometer vor der Küste und wir haben starken Westwind», sagte der Professor. «Das würde also im schlechtesten Fall in ein sehr sensibles Flachmeer-Ökosystem getrieben werden.» Zielinski betonte: «640 Tonnen - das ist eine große Menge Schweröl und kann einen massiven Schaden in der Umwelt verursachen.» Er hoffe sehr, dass das nicht passiere. «Die Bekämpfungsmaßnahmen sind ja voll im Gange.»

Ostsee eines der am stärksten befahrenen Meere

Die Ostsee gilt als eines der am stärksten befahrenen Meere der Welt. Täglich sind Viehberg zufolge dort rund 2.000 große Schiffe unterwegs. Darunter seien Tanker mit bis zu 100.000 Tonnen Ladung an Bord. Die Havarie vor Heiligendamm sei ein «Schuss vor den Bug», so der Wissenschaftler.

© dpa-infocom, dpa:241011-930-257706/4