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«Werner»-Erfinder Brösel: 75 Jahre und voller Ideen

«Hau wech die Scheiße» - Comiczeichner Rötger Feldmann wird 75. Berühmt machte ihn sein rotzfrecher Anti-Held «Werner». An Plänen mangelt es nicht.

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Werner-Erfinder Rötger Feldmann wird 75 Frank Molter/dpa

Kiel (dpa) - Die ganze Bürokratie und der Wahnsinn der Welt regen ihn auf wie eh und je. Vieles davon verarbeitet Comiczeichner Brösel in Geschichten. Am 17. März wird er 75 Jahre alt. Von Ruhestand ist bei dem Künstler aber keine Spur. «Ich arbeite jeden Tag», sagt «Werner»-Erfinder Rötger Feldmann. Auf seinem Schreibtisch in der Nähe von Kiel liegen aktuell mehrere Projekte.

Feldmann hat in seinen bislang 13 «Werner»-Hauptbänden und anderen Büchern stets einen Teil seiner eigenen Lebensgeschichte verarbeitet. «Es steckt in den Büchern vieles drin, was wir damals so durchgemacht haben. Manches ist über-, manches aber auch untertrieben», sagt Brösel. Einiges habe er sich ausgedacht.

Die Reise in den Süden mit einem für 4.000 Mark in Hamburg erstandenen Oldsmobile dagegen habe es wirklich gegeben, inklusive Schlauchboot auf dem Dach und König spielen, sagt Brösel. «Hoch gemütlich so ein rollendes Königreich. Auf dem Rückweg ist uns die Kopfdichtung geplatzt, weil wir zu blöd waren, da Wasser reinzufüllen.»

Wasser und Bölkstoff

Brösels Leitthema sind das Schrauben an den Maschinen, der Kampf mit der Obrigkeit und reichlich Bölkstoff («Hau wech die Scheiße»). Der 13. «Werner»-Hauptband «Wat nu!?» ist von 2018. Ein 14. über den rotzfrechen Klempner-Lehrling soll kommen. Fünf Kinofilme über den frechen Anti-Helden lockten Millionen Menschen in die Kinos. Im Fernsehen laufen sie weiter.

Mit 75 legt Brösel Wert auf bewusste Ernährung und die Gesundheitslehre Ayurveda. «Ich trinke viel Wasser. Der Mensch soll zweieinhalb bis vier Liter zu sich nehmen, das kannst Du doch nicht an Bier trinken. Da bist Du ja doof nach einer Woche.» Mit seiner Frau habe er einen Ernährungsberater aufgesucht. «Denn jeder Körper braucht anderes Benzin», weiß Brösel.

«Dem geht es zu gut», sagt Ehefrau Petra über ihren Mann. Sie kümmert sich um das Organisatorische, hält ihm die ganze Bürokratie vom Hals. «Sie leitet die Firma und macht alles», sagt er. Seit mehr als 30 Jahren lebt das Paar weitgehend zurückgezogen auf einem denkmalgeschützten Gutshof in einem kleinen Dorf südlich von Kiel.

Arbeit am Rechner

Wenn Brösel zeichnet, fangen seine Augen an zu leuchten. Seine Werke entstehen immer noch mit Bleistift. Seit Jahren überarbeitet er seine alten Werke, derzeit ist Band 12 «Freie Bahn mit Marzipan!!!» von 2004 in Arbeit. Die neuen Zeichnungen gefallen ihm besser als die alten. «Der Werner sieht ja immer ein bisschen aus, als ob er gerade etwas ausgefressen hat», sagt Feldmann. Das mache ihn so sympathisch.

Gut 20 Jahre später überarbeitet er den Band auch inhaltlich. 40 Seiten kommen neu hinzu. «Damals war ich schlecht drauf und die Geschichten sind halt nicht so toll gewesen.» In einer der neuen Geschichten spielt auch seine Petra mit als Reporterin. Gefragt hat er sie vorher nicht.

«Manche Sachen sind mir mittlerweile auch peinlich», sagt Brösel. Einiges aus den alten Comics sei nicht mehr zeitgemäß, anderes könne er heute besser zeichnen. «Ich lerne ja auch von anderen.» Die Geschichten für Comics lägen auf der Straße: «Du brauchst ja bloß mal rausgehen und irgendwelche Leute beobachten», sagt Brösel.

«Früher hat Rötger schnell den Nagel auf den Kopf getroffen, er konnte den Ausdruck einer Person darstellen», sagt Petra Feldmann. Das könne ihr Mann immer noch, aber nun habe er den Anspruch, perfekt zu sein. «Das dauert länger und er schafft weniger.»

Für Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist Brösel ein echtes schleswig-holsteinisches Original. Der Zeichner habe mit «Werner» eine absolute Kultfigur geschaffen. «In meiner Jugend habe ich gerne die Werner-Comics gelesen und auch die Filme im Kino gesehen.» Mit Feldmann und dessen Frau habe er schon darüber gesprochen, wie es in Zukunft mit seinem Werk weitergeht. «Schließlich sind seine Comics, Filme und Figuren ein Stück echte schleswig-holsteinische Kulturgeschichte.»

Motorräder

Brösels Motorräder wie der berühmte «Red-Porsche-Killer», mit dem er vor geschätzt 250.000 Zuschauern 1988 das legendäre «Werner»-Rennen in Hartenholm verlor und die Revanche gegen seinen Kumpel Holger Henze 2018 gewann, stehen im umgebauten Kuhstall. Angemeldet ist aber keines.

«Ich habe da einfach keinen Nerv drauf, weil meine Maschinen ja so stark umgebaut sind», sagt der Zeichner. «Ich bin beschäftigt mit meinen Büchern, ich kann jetzt nicht mehr in der Werkstatt stehen.» Zudem sei auf dem Hof ständig etwas zu tun.

Das Rennen 1988 in Hartenholm haben auch die beiden Gründer und Veranstalter des Heavy-Metal-Festivals in Wacken, Holger Hübner und Thomas Jensen, besucht. «Die Wacken Festivalidee an sich entstand im Landgasthof, aber das Werner Rennen war schon der letzte Kick, der uns dazu bewegte, dass wir ein Festival machen möchten und verkündeten dies 1989 im Landgasthof in Wacken», sagt Hübner.

Holzbein

Brösel fiebert natürlich mit, wenn «Holzbein Kiel» nun endlich in der Bundesliga gegen den Abstieg kickt. Ins Stadion gehe er aber selten. Die Spiele der Störche verfolge er im Fernsehen. Zwar genießt es der Zeichner, Fans zu treffen, sagt Brösel. «Aber wenn ich da nachmittags ins Stadion gehe, dann muss ich die ganze Zeit nur Bier saufen und Autogramme schreiben. Dann bin ich abends tot.»

© dpa-infocom, dpa:250317-930-405734/1