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In Champagner-Laune: Pechstein fühlt sich frei und tritt ab

Nun ist also Schluss: Claudia Pechstein beendet ihre erfolgreiche Eisschnelllauf-Karriere - mit 53 Jahren. Die Berlinerin will nur noch Trainerin und Beraterin sein.

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Pressekonferenz Pechstein Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin (dpa) - Das Ende ihrer Laufbahn verkündete Claudia Pechstein in Champagner-Laune. Elf Tage nach dem versöhnlichen Abschluss des Millionen-Streits mit dem Eislauf-Weltverband (Isu) erklärte die Berlinerin in ihrer Heimatstadt den Rücktritt vom Leistungssport. «Es reicht jetzt. Ich habe immer gesagt, wenn alles vorbei ist, höre ich auf. Damit kann ich die Schlittschuhe jetzt an den Nagel hängen und höre auf», sagte die fünfmalige Olympiasiegerin und sechsmalige Weltmeisterin auf einer Pressekonferenz - und hängte symbolisch zwei Schlittschuhe an zwei Kleiderhaken. 

Künftig wolle sie als Trainerin und Beraterin weitermachen. «Ich stehe also noch auf dem Eis, aber nicht mehr als Sportlerin.» Seit Juni vorigen Jahres ist die 53-Jährige Stützpunkttrainerin in Inzell und hat große Ziele. «Ich möchte den Eisschnelllauf wieder erfolgreich machen», sagte sie im Restaurant Hauptmann unter dem beliebten Ausflugsziel Müggelturm. Dafür wolle sie ihre Erfahrung an junge Sportler weitergeben.

Zum Abschied vom Leistungssport posierte die Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Matthias Große und ihrem Manager Ralf Grengel - in der Hand hatte sie eine Flasche Sekt, bezeichnenderweise mit dem Namen Pechstein.

«Ich bin frei, ich bin frei von diesem Fall. Ich weiß, dass ich heute sehr glücklich bin, einen super Tag habe», erklärte sie bewegt. An die zahlreichen Gäste - unter ihnen Pechsteins Eltern Andreas und Monika, Ex-Puhdys-Gitarrist Dieter «Quaster» Hertrampf und Box-Trainer-Legende Uli Wegner - war bereits zuvor Champagner ausgeschenkt worden.

Rücktritt nach Ende von jahrelangem Rechtsstreit

Am vergangenen Montag hatten Pechstein und Große sowie einen Tag später auch die Isu bekanntgegeben, dass der Rechtsstreit um Schmerzensgeld und Schadenersatz in Höhe von rund 8,4 Millionen Euro nach mehr als 16 Jahren beendet ist. Beide Parteien hatten sich am 27. Februar außergerichtlich geeinigt. «Ich habe mich schon lange nach dem Moment gesehnt, dass der Fall vorbei ist», sagte Pechstein nun.

Über die Details der laut Isu «gütlichen Einigung» bewahrten beide Seiten Stillschweigen. «Die Isu würdigt die sportlichen Leistungen von Frau Pechstein und begrüßt ihren künftigen Beitrag zur Entwicklung der Athleten und des Eisschnelllaufsports», teilte der Weltverband mit. Damit war der Weg frei für Pechsteins Rücktritt.

Große kündigte an, dass es über ihre Karriere einen Film und ein Buch geben soll und eine große Abschiedsparty im Berliner Wellblechpalast geplant ist.

Überraschend noch eine Blutuntersuchung

Die Einigung kam nach einer mündlichen Verhandlung am Oberlandesgericht München am 24. Oktober zustande. Pechstein hatte die Isu wegen einer 2009 ihrer Meinung nach zu Unrecht verhängten zweijährigen Doping-Sperre verklagt (Az. U 1110/14 Kart.). Pechstein hatte Doping stets bestritten und dies auch vor Gericht wiederholt.

Mit der Übereinkunft hat sie auch ohne Urteil das wichtigste Ziel ihres jahrelangen Kampfes erreicht: Rehabilitation, Beseitigung des Doping-Makels, Wiederherstellung ihres guten Rufes. Sie fühle sich vollständig rehabilitiert. «Versöhnung ist ein Wort, das unterschätzt wird. Es ging um Menschlichkeit, sonst wären wir nicht an diesem Punkt. Es ist Gerechtigkeit, die gesiegt hat», sagte sie. 

Überraschend war, dass sich Pechstein und ihr Vater im Vorfeld der Einigung einer erneuten Blutuntersuchung in einem Schweizer Krankenhaus unterzogen. Das Ergebnis erbrachte, dass sie an einer «milden Form der dehydrierten hereditären Stomatozytose (DHSt) leidet». Dabei handelt es sich um eine vererbte Blutanomalie, bei der die Zahl der Retikulozyten - der jungen roten Blutkörperchen - erhöht ist.

Pechstein hatte dies bereits im Verlauf ihres Prozess-Marathons durch Sport- und Zivilgerichte ins Feld geführt. Die Isu hatte die Eisschnellläuferin aufgrund der erhöhten Retikulozytenzahl 2009 gesperrt und dies mit der «Anwendung der verbotenen Methode des Blutdopings» begründet.

Höhepunkte einer langen Karriere

1991 bestritt Claudia Pechstein ihr erstes Weltcup-Rennen. Es war der Auftakt zu einer einzigartigen Karriere. 1995 feierte sie ihren ersten von insgesamt 34 Siegen in der Serie, 2017 ihren letzten. Als einzige Frau startete sie - trotz des unfreiwilligen Fehlens 2010 in Vancouver - seit 1992 bei acht Olympischen Winterspielen, gewann neun Medaillen, davon fünfmal Gold. Dazu kommen sechs WM-Titel sowie sechs Weltrekorde.

Bei ihren letzten Olympischen Spielen 2022 in Peking belegte sie kurz vor ihrem 50. Geburtstag noch einmal den neunten Platz im Massenstart. «Ich glaube, ich habe gezeigt, dass ich in meinem Alter noch leistungsfähig bin. Das haben mir wenige zugetraut. Ich bin da sehr, sehr stolz auf mich», hatte sie damals gesagt.

Doch klar war auch in China schon, dass Pechstein international nicht mehr um Podestplätze mitlaufen konnte. 2023 hatte sie ihren 43. deutschen Meistertitel gewonnen. Zum Auftakt der nun zu Ende gehenden Winter-Saison hatte sie auch wegen des Prozesses gegen die Isu auf einen Start bei den nationalen Titelkämpfen verzichtet und anschließend erstmals seit 2011 auch kein Weltcup-Rennen mehr bestritten.

© dpa-infocom, dpa:250310-930-399003/4