Münchner Messerangriff: Alkohol und Angst vor Entführung
Was war der Grund für einen Messerangriff auf zwei Muslime im Juli 2024 in München? Zu Beginn des Sicherungsverfahrens vor dem Landgericht schweigt der Beschuldigte, aber ein Sachverständiger spricht.


München (dpa) - Angst vor Verfolgung, Alkohol und Tabletten - das Verfahren vor dem Landgericht München I im Fall des Messerangriffs auf zwei muslimische Männer gibt Einblicke in die Psyche des Beschuldigten. Nach Angaben eines psychiatrischen Sachverständigen fürchtete sich der 41-Jährige vor einer Entführung durch Israels Auslandsgeheimdienst Mossad und trank über den Tag verteilt 12 halbe Bier.
Der 41-Jährige selbst schwieg zum Start des Sicherungsverfahrens. Die Generalstaatsanwaltschaft verdächtigt ihn des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung, hält ihn aber für schuldunfähig und spricht von einer akuten paranoiden Schizophrenie.
Angriff auf 18 und 25 Jahre alten Männer
Der Beschuldigte sei zum Zeitpunkt des Angriffs in einer Einkaufsstraße im Münchner Stadtteil Pasing von dem Gedanken beherrscht gewesen, Deutschland müsse von Muslimen befreit werden, heißt es im Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Auch von antisemitischem Gedankengut ist die Rede. Er habe sich gezwungen gesehen, selbst einzuschreiten, um Deutschland zu retten. Bei dem Angriff am 23. Juli 2024 wurden zwei Männer mit einem Messer verletzt.
Infolge seines Zustandes seien von ihm erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten, deshalb sei er für die Allgemeinheit gefährlich, so die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft. Auch der Beschuldigte selbst äußerte dem Sachverständigen gegenüber nur einen Wunsch: «Ich will ins Gefängnis», zitierte der Experte den 41-Jährigen.
Kommentierende Gedanken im Kopf
Der Beschuldigte hatte vor seiner einstweiligen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik in einer therapeutischen Wohngemeinschaft gelebt. Einmal am Tag sei er für eine Stunde spazieren gegangen. Den Rest des Tages verbrachte er dem Experten zufolge überwiegend damit, auf dem Bett zu liegen, Musik zu hören und Nachrichten über soziale Medien zu konsumieren. Nächtelang habe er überhaupt nicht geschlafen. Außerdem habe er sich um eine Entgiftung von Alkohol und Tabletten beworben, habe ein Angebot aber dann doch nicht wahrgenommen.
Zudem hatte der 41-Jährige dem Sachverständigen zufolge kommentierende Gedanken, als würde sich ein Polizist in seinem Kopf befinden. Ob diese Stimmen auch bei der Tat eine Rolle spielten, ließ sich nach Angaben des Experten nicht herausfinden.
Schockmomente in Einkaufsstraße
An jenem Sommernachmittag lief der 41-Jährige durch die Straße und hatte der Generalstaatsanwaltschaft zufolge ein Messer dabei. Unvermittelt soll er damit auf einen jungen Mann eingestochen haben, erst in den Rücken, danach in die Brust. Wenig später soll er dann einen weiteren Mann angegriffen haben, der gerade in ein Auto steigen wollte.
Die 18 und 25 Jahre alten Opfer erlitten tiefe Schnittwunden im Oberkörper- und Halsbereich und wurden im Krankenhaus behandelt, schwebten aber nicht in Lebensgefahr. Passanten setzten einen Notruf ab. Die Polizei rückte mit zehn Streifenwagen aus und konnte den Tatverdächtigen wenig später festnehmen. Das Amtsgericht München ordnete seine vorläufige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Sicherungsverfahren statt Anklage
Für das Verfahren hat das Landgericht München I bis Mitte April insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt. Wegen der Schuldunfähigkeit des 41-Jährigen verzichtete die Generalstaatsanwaltschaft auf eine Anklage mit dem Ziel einer Strafe, sondern beantragte ein Sicherungsverfahren. An dessen Ende könnte die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik stehen.