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Bayerns Polizei warnt vor «Forschungschemikalien» als Drogen

Sie bestellen Chemikalien für die Forschung im Internet, nutzen sie zum Rausch und sterben daran: Eine neue Rauschgift-Szene bringt im Freistaat Menschen in Lebensgefahr.

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
Warenkorb im Internet Karl-Josef Hildenbrand/dpa

München (dpa/lby) - Nach mehreren Todesfällen infolge der Einnahme sogenannter Forschungschemikalien in Bayern warnt die bayerische Polizei vor dem Missbrauch der Stoffe als Drogen. Der jüngste bekannte Fall sei ein 17-Jähriger, der am 18. Januar in Unterfranken nach dem Konsum entsprechender Substanzen gestorben sei, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts in München. 

«Zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten»

Seit September 2024 seien der Polizei im Freistaat sieben solcher Fälle gemeldet worden. «Das zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten», sagte der Sprecher. In weiteren Fällen hätten Betroffene schwere Vergiftungen erlitten, die einmal zu einem kurzzeitigen Herzstillstand führten.

Laut Polizei gibt es Hinweise, dass die Betroffenen die Stoffe legal im Internet bestellten. Dort werden sie zur Verwendung in der Forschung, Laboren oder in der Industrie angeboten. Es gebe aber Foren, auf denen die Substanzen wegen ihrer berauschenden Wirkung als Drogen angepriesen würden, sagte der Sprecher des Landeskriminalamts. Zu den Stoffen gehörten zum Beispiel Nitazene, eine Gruppe von synthetischen Opioiden. Sie können eine euphorisierende und entspannende Wirkung haben, aber auch einen Atemstillstand auslösen.

Polizei warnt vor Konsum

Das Landeskriminalamt warnt deshalb davor, diese Stoffe als Rauschgift zu missbrauchen. Es gebe keine gesicherten Erkenntnisse, in welcher Menge die Wirkung wie stark ist - und schon eine kleine Menge zu viel könne schwere Gesundheitsschäden verursachen oder zum Tod führen. Wer dazu noch Medikamente, Alkohol oder andere Rauschmittel einnehme, setze sich unberechenbaren Wechselwirkungen aus.

Die Europäische Drogenagentur (EUDA) hatte im vergangenen Jahr berichtet, dass die Stoffgruppe der Nitazene 2023 in mehreren europäischen Ländern bereits zu mehr als 150 Todesfällen geführt habe. 

Drogenbeauftragter: «Auf eine Zuspitzung der Lage vorbereiten»

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, sagte zwar, die Lage in Deutschland sei mit Blick auf synthetische Opioide «nicht vergleichbar» mit der in Nordamerika. «Aber wir müssen uns trotzdem auf eine Zuspitzung der Lage vorbereiten, auf möglicherweise mehr Drogennotfälle und vor allem auch, dass mehr Menschen zu allem greifen, was der Markt hergibt und billig ist», sagte Blienert. In den USA waren 2023 rund 75.000 Todesfälle auf synthetische Opioide wie Fentanyl zurückzuführen.

Experten warnen, dass immer mehr junge Menschen in Deutschland starke Schmerzmittel wie Tilidin oder Oxycodon missbrauchen. In manchen Substitutionspraxen und Suchtkliniken beträgt der Anteil junger Personen zwischen 15 und 20 Prozent, wie es in einem aktuellen Bericht des Münchner Instituts für Therapieforschung heißt. Vor einigen Jahren sei der Anteil noch sehr gering gewesen.

© dpa-infocom, dpa:250204-930-364848/1