Bayerische Schulen spüren Folgen der Grippewelle
Wer die echte Grippe hat, fühlt sich oft sehr krank. Ein Experte aus München verrät, wer sich gerade besonders oft ansteckt und gibt einen dringenden Rat.
München (dpa/lby) - Fieber, Schüttelfrost und Husten - viele Menschen in Bayern liegen gerade mit unangenehmen Symptomen darnieder. Häufig könnte eine Ansteckung mit dem Influenzavirus die Ursache sein. «Aktuell zeigen sich deutlich steigende Zahlen akuter Atemwegsinfektionen», sagte der Infektiologe Christoph Spinner vom Klinikum rechts der Isar in München. Vor allem Kinder und Jugendliche erwischt es momentan häufig. Ein Umstand, der sich auch an den Schulen bemerkbar macht.
Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) meldet in diesem Winter bislang mehr als 15.000 Grippefälle (Stand: 27.1.), davon rund 6.100 seit Jahresbeginn. Damit sind es etwas mehr Erkrankungen als ein Jahr zuvor. Vor allem Kinder und Jugendliche stecken sich dem LGL zufolge häufig an. Das zeigt der sogenannte Bayern Influenza + Corona Sentinel (BIS+C), ein Netzwerk aus rund 200 Hausarzt-, Kinder- und Jugendarztpraxen. Bei den 5- bis 14-Jährigen seien 69,7 Prozent der Influenzatests positiv.
Infektiologe Spinner bestätigt: «Insbesondere die Zahl der betroffenen Schulkinder hat sich mehr als verdoppelt und bewegt sich damit eher an der oberen Spitze im Vergleich zu den Vorjahren.» In mehr als jedem dritten Fall sei die echte Virusgrippe Influenza ursächlich. Andere Erkältungskrankheiten oder das Coronavirus spielten nur eine untergeordnete Rolle.
Experte: Influenza-Impfung lohnt sich auch jetzt noch
Vermehrt beobachtet der Mediziner auch, dass Menschen mit schweren Verläufen ins Krankenhaus müssen. Gefährdet seien vor allem Säuglinge, Kleinkinder, Menschen ab 60 Jahren und chronisch Kranke. Spinners Tipp: «Insbesondere eine Influenza-Impfung lohnt sich bei den hohen Infektionszahlen auch jetzt noch – der Schutz setzt bereits nach etwa einer Woche ein.»
Beobachten lässt sich der Verlauf der Grippewelle an den Schulen. Nicht nur Kinder und Jugendliche, auch viele Lehrkräfte seien krank, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). Sie weiß von Klassen, wo mehr als die Hälfte der Kinder flachliegt.
Auch der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) berichtet von einem sprunghaften Anstieg der Grippefälle in den vergangenen Wochen. «Die Schulleitungen bemühen sich, bei Erkrankung von Lehrkräften den Unterricht durch geeignete Vertretungsmaßnahmen sicherzustellen», sagte Pressesprecher David Wawrzinek. Vereinzelt gebe es auch Fernunterricht. Das sei aber kein Problem, da die Realschulen digital gut aufgestellt seien.
Allerdings sei so eine Krankheitswelle zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich, heißt es vom Bayerischen Philologenverband (bpv), der für Gymnasien und Berufliche Oberschulen zuständig ist. An manchen Schulen herrsche normaler Krankenstand, andernorts sei die Lage extrem angespannt. «Wenn dazu noch Schulfahrten kommen oder Kolleginnen und Kollegen längerfristig ausfallen, ist die Personaldecke oftmals sehr dünn.» Der Verband betont deshalb die Wichtigkeit einer integrierten Lehrerreserve. Diese müsse erhalten werden oder nach Möglichkeit noch ausgebaut werden.
«Kranke Lehrer schleppen sich in die Schule»
Eine Forderung, die Fleischmann unterstützt. An Grund-, Mittel und Förderschulen habe die Personaldecke ohnehin schon Löcher. Auch die Mobile Reserve sei in manchen Landkreisen erschöpft. Oft gebe es einen Teufelskreis. «Kranke Lehrer schleppen sich in die Schule, weil sie wissen, dass andere auch krank sind.» Die Folge: Weitere Kinder und Lehrkräfte stecken sich an.
Die Folge: Vertretungsstunden, Unterrichtsausfälle und hin und wieder sogar Distanzunterricht per Videoschalte, wie zu Corona-Zeiten. Man habe damals gelernt, wie das im Krisenmodus geht, erinnert sich Fleischmann an Zeiten, als der Schulunterricht wochenlang nur mit Hilfe von Videokonferenzen stattfand. Man habe Krisenresilienz gelernt und digitale Kompetenzen erworben.
Nun sei man ganz anders aufgestellt für das Lernen zu Hause, so Fleischmann. «Uns haut das so schnell nicht mehr um, wie früher.» Und es gebe ein Gefühl der Sicherheit. «Wir haben das damals geschafft, dann wird es uns jetzt auch gelingen, durch eine Grippewelle zu kommen.»