3:0 dahoam: Bayern-Machtdemonstration gegen Bayer
Die Bayern dominieren ein turbulentes Spiel gegen Bayer. Manuel Neuer muss verletzt vom Platz. Aber nichts kann die Münchner im Achtelfinal-Hinspiel gegen die Werkself stoppen.


München (dpa) - Nach einer wahren Machtdemonstration tanzten die Profis des FC Bayern vor ihren Fans und genossen den Riesenschritt Richtung Viertelfinale. Nach der besten Saisonleistung und den Toren der Offensivstars Harry Kane und Jamal Musiala zum 3:0 (1:0) im deutschen Champions-League-Kracher gegen den neuen Rivalen Bayer Leverkusen der Einzug in die nächste Runde der Champions League nur noch Formsache.
Kane: Job zur Hälfte erledigt
«Das ist wirklich ein großer Schritt in die richtige Richtung», sagte Kane beim Streamingdienst DAZN: «Der Job ist zur Hälfte erledigt, jetzt freuen wir uns auf nächste Woche.» Die beiden Tore seien wahrscheinlich die wichtigsten, die er bisher bei den Bayern erzielt habe.
87 Tage vor dem ersehnten Heimfinale feierte der Fußball-Rekordmeister aus München im siebten Versuch den ersten Sieg gegen Leverkusens Meistercoach Xabi Alonso. Es war ein großer Erfolg auch für Trainer Vincent Kompany. Bayer agierte vor 75.000 Zuschauern eingeschüchtert und war chancenlos.
Kane führte die scharf und aggressiv auftretenden Bayern in der 9. Minute mit einem platzierten Kopfball auf die Siegerstraße. Ein grober Patzer von Bayer-Torwart Matej Kovar ermöglichte Musiala Tor Nummer zwei (54.). Kane erhöhte in der 75. Minute mit seinem neuen Saisontreffer in der Königsklasse vom Elfmeterpunkt auf 3:0.
Da waren die Gäste in der Allianz Arena nach der Gelb-Roten Karte für Nordi Mukiele (62.) im vierten Saisonduell mit den Bayern in Unterzahl. Ohne ins Detail zu gehen, sah ein spürbar angefressener Granit Xhaka im Platzverweis den Knackpunkt und sprach zudem von zwei bitteren Gegentoren. Mit Blick aufs Rückspiel, meinte er: «Dran glauben, bis zum Schluss. Noch mal 90 Minuten alles geben.»
Wirtz nahezu wirkungslos
Alonsos Taktik-Kniffe gingen am Mittwochabend erstmals nicht auf. Die Bayern waren aggressiver und entschlossener. Die Stärken der Gäste mit dem nahezu wirkungslosen Offensivstar Florian Wirtz kamen ohne Mittelstürmer Patrik Schick, der lange nur auf der Bank saß, nicht zur Geltung. Im Rückspiel am kommenden Dienstag in Leverkusen müsste schon ein Wunder her. Dann könnte bei den Bayern allerdings Torwart Manuel Neuer fehlen, der in der 58. Minute verletzt vom Platz musste.
Kein Abwarten, kein Taktieren, mit dem Anpfiff ging es rasant los. Nach einem Zweikampf mit Jeremie Frimpong blieb Bayern-Verteidiger Minjae Kim auf dem Rasen liegen. Der Bayer-Angreifer war nach gut 180 Sekunden beim Fallen auf den linken Fuß des Südkoreaners gestürzt, der aber nach kurzer Behandlung weitermachen konnte.
Rolfes: Kein Anruf von Bayern wegen Wirtz
Bayer-Coach Xabi Alonso verzichtete wieder mal auf einen echten Mittelstürmer. Patrik Schick saß zunächst auf der Bank, neben Frimpong bildete Amine Adli die vorderste Front, direkt dahinter Florian Wirtz, über dessen Zukunft auch unmittelbar vor dem Anpfiff spekuliert wurde. Auf die Frage, ob Bayerns Sportvorstand Eberl ihn wegen Wirtz schon offiziell angerufen habe, antwortete Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes: «Nein, nein, nein.»
Zu viel wollten beide über das Thema aber nicht reden, auf dem Platz sollten die Spieler taten sprechen lassen. Und das machten vor allem die Bayern, die Anfang Dezember im Achtelfinale des DFB-Pokals an der Mannschaft von Alonso zuhause noch gescheitert waren (0:1).
Nach einer feinen Flanke von Michael Olise wuchtete Kane den Ball bilderbuchmäßig ins Tor der Gäste. Kompany ballte die Fäuste an der Seitenlinie, die Ex-Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß applaudierten mit einem Lächeln auf der Tribüne.
Für Kane war es auch ein Treffer mit persönlicher Bedeutung: Er war in der Champions League an 47 Toren zu dem Zeitpunkt direkt beteiligt - 37 Tore und 10 Vorlagen. Damit war er mit Wayne Rooney gleichgezogen. Nur David Beckham verbuchte laut Datenanbieter Opta unter allen Engländern mehr Scorerpunkte in der Königsklasse (52).
Auch Nagelsmann und Völler sehen starke Bayern
Die Bayern machten diesmal gegen die Werkself alles richtig. Kimmich, der zuletzt in der Bundesliga angeschlagen hatte pausieren müssen, dominierte zusammen mit Leon Goretzka ganz klar das Mittelfeld, Musiala war auch vor den Augen von Bundestrainer Julian Nagelsmann und DFB-Sportdirektor Rudi Völler deutlich besser im Spiel als Wirtz, der kurz vor der Pause auch noch behandelt werden musste. Nach einer scharfen Ecke von Kimmich wäre Musiala per Kopfball fast schon das 2:0 gelungen, der Ball krachte aber an die Latte (22.).
Ruhe auf den Rängen wegen eines Notarzteinsatzes
Die Leverkusener konnten froh sein, mit nur einem Gegentor in die Pause zu gehen. Vor allem Mukiele war ein Unsicherheitsfaktor in der Bayer-Defensive. Im Angriff kamen sie praktisch nur einmal richtig gefährlich vors Bayern-Tor. Mit einem Reflex rettete da aber Ex-Weltmeister Manuel Neuer in seinem 150. Champions-League-Spiel gegen Frimpong (14.), dem Bayern-Verteidiger Dayot Upamecano den Ball unglücklich vorgelegt hatte.
Auf den Rängen wurde es wegen eines Notarzteinsatzes nach der Pause erstmal ruhig. Auf dem Platz ging es mit hoher Intensität und auch einer guten Portion Giftigkeit sowie dominanten Bayern weiter. Nach einer Hereingabe von Kimmich staubte Musiala ab. Leverkusens Keeper Kovar hatte den Ball zuvor fallen lassen.
Doch die Freude wurde umgehend getrübt. Auf einmal saß Neuer am Boden und musste behandelt werden. Er versuchte es, schüttelte den Kopf und musste raus. Aus dem Kalten musste Jonas Urbig ins Tor - erst Ende Januar hatten die Bayern den 21-Jährigen vom 1. FC Köln aus der zweiten Liga geholt.
Gut für Bayer? Die Werkself schadete sich selbst. Der schon vorher verwarnte Mukiele bekam nach einem Tritt in die Hacke von Kingsley Coman Gelb-Rot. Die Miene von Alonso verfinsterte sich zusehends. Erst recht, als dann Kane vom kurz vorher eingewechselten Edmond Tapsoba im Strafraum so gehalten wurde, dass es Elfmeter nach Videobeweis gab.
Und der Engländer ließ sich nicht lange bitten und schoss den Ball souverän in den Winkel. In der Nachspielzeit wäre João Palhinha fast noch das 4:0 gelungen, sein Schuss streifte aber nur die Latte an einem Abend, der für die Bayern ansonsten nicht besser hätte laufen können.