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Studie: Bricht die Ampelregierung wirklich so viele Versprechen?

Die Ampelregierung steht nach über zwei Jahren vor großen Herausforderungen. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung bewertet ihre Zwischenbilanz.

Ampelregierung Nachrichten Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Ampelregierung ist nun seit über zwei Jahren im Amt und viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich, ob sie ihre Wahlversprechen tatsächlich einhält. Eine von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte Studie wirft Licht auf diese Frage und analysiert, inwieweit die Regierung ihren Verpflichtungen nachkommt.

Die Ergebnisse im Detail

Die Analyse ergab, dass von insgesamt 453 im Koalitionsvertrag festgelegten Versprechen bereits 38 Prozent vollständig erfüllt wurden, während weitere 12 Prozent sich der Erfüllung nähern. Zusätzlich dazu sind 14 Prozent der Versprechen substanziell angegangen worden, aber ihr Erfüllungsgrad ist noch ungewiss. Andererseits wurden 36 Prozent der Versprechen bisher weder erfüllt noch aktiv angegangen.

Was bedeutet dieses Ergebnis?

Verglichen mit früheren Regierungen, zeigt die Ampelregierung einen ähnlichen oder sogar höheren Grad an Versprecherfüllung, so die Stitung. Trotzdem wird ihre Leistung durch den öffentlich ausgetragenen Koalitionsstreit überschattet. Dieser Streit führt dazu, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Umsetzungstreue der Regierung erheblich gesunken ist.

Warum streitet die Koalition so oft?

Die Komplexität der lagerübergreifenden Ampelkoalition aus drei verschiedenen Parteien sowie das hohe Ambitionsniveau des Koalitionsvertrags können als Ursachen für den öffentlich inszenierten Streit angesehen werden. Die unterschiedlichen programmatischen Ausrichtungen der Parteien erschweren oft die Konsensbildung und die Umsetzung gemeinsamer Ziele. Ob Lieferkettengesetz, Bürokratieabbau, Erhöhung des Kindergeldes: Die Koalition streitet über ziemlich viele Themen, sodass Erfolge wie beispielsweise die neue Kraftwerksstrategie oft untergehen. Selbst wenn die Ampelpartner eigentlich dasselbe Ziel verfolgen, finden sie sich im Streit wieder.

Das sind die Probleme der Regierung

  • Streit um den Bürokratieabbau: Seit Monaten werfen sich Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Wirtschaftsminister Habeck gegenseitig vor, zu wenig für den Bürokratieabbau zu tun. Dieser Konflikt eskalierte, als Buschmann Habeck einen Brandbrief schrieb und eine schnellere Umsetzung des Bürokratieabbaus forderte, wie das Handelsblatt berichtete. In Habecks Umfeld wird dies als Versuch der FDP gesehen, das Bürokratieentlastungsgesetz als großen Durchbruch darzustellen, was von den Grünen als unzureichend angesehen wird.
  • Streit um das EU-Lieferkettengesetz: Ein weiterer Konflikt betrifft das EU-Lieferkettengesetz, bei dem Justizminister Buschmann zusammen mit Parteifreund Lindner das Gesetz blockiert. Die FDP befürchtet zu hohe Bürokratielasten für die Wirtschaft.
  • Streit um die Kindergelderhöhung: Die SPD fordert eine Erhöhung des Kindergeldes, da der steuerliche Kinderfreibetrag ebenfalls steigt. Die FDP lehnt dies ab, da sie darauf verweist, dass das Kindergeld im Vorjahr bereits außergewöhnlich stark erhöht wurde und eine weitere Anhebung in diesem Jahr nicht vorgesehen war.
  • Streit um Waffenlieferungen: Ein weiterer Konflikt betrifft die Weigerung von Kanzler Olaf Scholz, Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine zu liefern. Grüne und FDP zeigen Unverständnis für diese Entscheidung, während Scholz darauf beharrt.
  • Streit in der Bildungspolitik: Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) wollte ein milliardenschweres Förderprogramm für Brennpunktschulen vorstellen, doch SPD-Chefin Esken äußerte sich bereits im Vorfeld skeptisch und relativierte den Aufschlag der Bildungsministerin. Dies wurde von der FDP als grob unhöflich empfunden.
  • Streit um die Schuldenbremse: Die FDP ärgert sich über die ständigen Forderungen der SPD nach einem erneuten Aussetzen der Schuldenbremse, sei es aufgrund von Naturkatastrophen oder internationalen Krisen. Diese Auseinandersetzung wurde weiter angeheizt, als der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich eine Reform der Schuldenbremse vorschlug, was von der FDP kritisiert wurde.
  • Streit um Steuersenkungen: Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Forderungen von Habeck nach Steuersenkungen, die von Lindner abgelehnt werden. Lindner schlägt stattdessen die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor, was wiederum von Grünen und SPD kritisiert wird.

Das hat die Ampel bisher erreicht

Der SPIEGEL-Ampelradar hat im Oktober 2023 zusammengefasst, was die Ampel bisher erreicht hat. Hier ein Überblick:

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    Arbeit & Soziales:

    • Einführung Ausbildungsgarantie: Ab Juli 2023 haben Jugendliche und junge Erwachsene das Recht auf einen Ausbildungsplatz außerhalb von Betrieben, wenn sie keinen Platz auf dem regulären Arbeitsmarkt finden. Das Gesetz zur Förderung von Aus- und Weiterbildung wurde im Juli 2023 beschlossen und tritt 2024 in Kraft.
    • Einführung Weiterbildungsgeld für Erwerbslose: Seit dem 1. Juli 2023 gibt es eine neue Regelung für Weiterbildungen. Personen, die eine Ausbildung machen oder sich umschulen lassen, bekommen einen monatlichen Bonus von 150 Euro. Dies gilt für Empfänger von Arbeitslosengeld und Bürgergeld. Wenn sie ihre Prüfungen bestehen, erhalten sie zusätzliche Prämien. Außerdem gibt es einen Bonus von 75 Euro für Weiterbildungen ohne Berufsabschluss.
    • Mindestlohn-Erhöhung: Im Januar 2022 hat Arbeitsminister Hubertus Heil einen Vorschlag gemacht, den Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde anzuheben. Am 3. Juni 2022 hat der Bundestag dem zugestimmt. Seit dem 1. Januar 2024 beträgt der Mindestlohn 12,41 Euro pro Stunde.
    • Mini- und Midijobs: Arbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar 2022 vorgeschlagen, die Grenze für Midijobs auf 1600 Euro und für Minijobs auf 520 Euro anzuheben und diese automatisch an den Mindestlohn anzupassen. Aktuell kann ein Minijobber 43,35 Stunden pro Monat arbeiten, ohne die Verdienstgrenze von 538 Euro zu überschreiten.
    • Aussetzung der Sanktionen in Hartz IV: Arbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar 2022 einen Plan vorgestellt, um die Strafen für Verstöße gegen Mitwirkungspflichten bis Ende 2022 auszusetzen. Nur wiederholte Verstöße gegen Meldepflichten bleiben sanktioniert. Diese Regeln gelten auch für Personen unter 25 Jahren. Im Gesetzgebungsverfahren wurde beschlossen, das Moratorium bis zum 30. Juni 2023 zu verlängern. Das Gesetz wurde im Juli 2022 wirksam.
    • Hilfen wegen Inflation und Energiepreisanstiege für Beziehende von Sozialleistungen: Bis Ende November 2022 wurden in drei Entlastungspaketen verschiedene Maßnahmen beschlossen oder umgesetzt, darunter einmalige Zahlungen sowie Heizkostenzuschüsse für Wohngeldempfänger und Bafög.

    Außenpolitik & Entwicklung

    • Dialog mit der Bevölkerung über Außenpolitik: Im Sommer 2022 hat Außenministerin Annalena Baerbock eine Tour durch Deutschland gemacht. Sie hat mit Menschen in sieben verschiedenen Städten über Außenpolitik gesprochen. Das Auswärtige Amt hat außerdem Planspiele organisiert, bei denen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden konnten, wie sie in einer diplomatischen Krise handeln würden.
    • Nationale Sicherheitsstrategie: Am 14. Juni 2023 wurde die erste nationale Sicherheitsstrategie von Kanzler Scholz und seinem Kabinett vorgestellt. Das Dokument betont die Bedeutung angesichts globaler Herausforderungen wie dem russischen Angriff auf die Ukraine, enthält jedoch nur wenige konkrete Maßnahmen.
    • China-Strategie entwickeln: Die Ampelkoalition veröffentlichte am 13. Juli 2023 ihre China-Strategie, die Chinas wachsende Aggression adressiert.

    Bauen & Wohnen

    • Wohnungsprogramm für junge Leute: Das Förderprogramm "Junges Wohnen" ist seit März 2023 aktiv. Es ist das erste seiner Art und zielt darauf ab, Wohnheime für Auszubildende und Studierende zu fördern. Im Jahr 2023 wurden dafür 500 Millionen Euro staatliche Mittel bereitgestellt.
    • Höhere Energiestandards bei Neubauten und Wohnungssanierungen: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im März 2022 beschloss die Ampel-Koalition, die Reform des Gebäudeenergiegesetzes um ein Jahr vorzuziehen. Trotz des anfänglichen Widerstands der FDP einigten sich die Fraktionen auf einen abgeschwächten Kompromiss. Der Bundestag verabschiedete das Gesetz im September 2023, und die Novelle tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Ab dann müssen neu installierte Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, während konventionelle Heizungen schrittweise ersetzt werden sollen.
    • Einmalig erhöhter Heizkostenzuschuss: Das Gesetz zur Einführung des ersten Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger wurde am 1. Juni 2022 wirksam, gefolgt vom Gesetz zum zweiten Heizkostenzuschuss am 16. November 2022.
    • Stufenmodell für Heizkosten-Aufteilung: Die Regierung hat beschlossen, das Problem zwischen Mieterinnen und Mietern sowie Vermieterinnen und Vermietern durch einen schnellen Übergang zur Teilwarmmiete zu lösen. Das Gesetz wurde am 25. November 2022 vom Bundesrat beschlossen und ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten.
    • Bekämpfung illegaler Immobilienfinanzierung: Ende 2022 wurde das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II verabschiedet. Dies ermöglicht es, Daten, die zwischen den Grundbuch- und Katasterämtern der Länder ausgetauscht werden, auch im Transparenzregister verfügbar zu machen.
    • Mehr Wohngeld: Das Wohngeld-Plus-Gesetz wurde vom Bundestag verabschiedet und am 25. November 2002 vom Bundesrat gebilligt. Es trat am 1. Januar 2023 in Kraft.

    Familie

    • Einführung Kindergrundsicherung: Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiges Projekt der Bundesregierung. Zukünftig sollen Leistungen wie Kindergeld, Bürgergeld für Kinder und Kinderzuschlag gebündelt werden, um Familien besser zu unterstützen. Durch eine zentrale Plattform sollen auch Familien erreicht werden, die bisher Schwierigkeiten hatten, die ihnen zustehenden Leistungen zu beantragen. Der Gesetzentwurf wurde im September 2023 vom Kabinett verabschiedet, nachdem es zuvor zu einem Streit zwischen der Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und dem Finanzminister Christian Lindner (FDP) über die Finanzierung kam. Für das Einführungsjahr 2025 werden vorerst Mehrkosten von etwa 2,4 Milliarden Euro erwartet. Wenn die Nachfrage nach der Kindergrundsicherung steigt, könnten die Kosten in den folgenden Jahren auf bis zu sechs Milliarden Euro steigen.
    • "Gute-Kita-Gesetz" weiterentwickeln: Die Koalition hat das »Gute-Kita-Gesetz« durch das »Kita-Qualitätsgesetz« ersetzt, das Ende 2022 ausgelaufen wäre. Vier Milliarden Euro stehen für die nächsten zwei Jahre bereit, um die Kita-Betreuung in den Ländern zu unterstützen. Allerdings hat die Ampel die Bedingungen verschärft: Die Länder dürfen das Geld nicht mehr ausschließlich zur Reduzierung der Kitabeiträge verwenden, sondern müssen hauptsächlich in die Qualität investieren. Neue Maßnahmen zur Beitragsentlastung können nicht mehr über das Kita-Qualitätsgesetz finanziert werden. Diese Änderung führte zu kontroversen Diskussionen, und das Gesetz trat zu Beginn 2023 in Kraft. Als nächstes strebt die Koalition bundesweite Qualitätsstandards für Kitas an.

    Finanzen

    • Bargeldverbot beim Immobilienkauf: Seit April 2023 ist es in Deutschland verboten, Immobilienkäufe mit Bargeld durchzuführen. Dieses Verbot wurde als Teil des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II vom Bundestag verabschiedet, als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
    • Ausgleich der kalten Progression: Das Inflationsausgleichsgesetz wurde am 10. November 2022 vom Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat am 25. November genehmigt. Dieses Gesetz erhöht die Tarifeckwerte, die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag, den Unterhaltshöchstbetrag sowie das Kindergeld und den Kinderfreibetrag. Es wird jedoch auf eine Verschiebung des Reichensteuersatzes von 45 Prozent verzichtet. Die Einkommensteuerentlastungen im Jahr 2023 belaufen sich auf maximal 637 Euro, allerdings handelt es sich dabei um eine einmalige Anpassung. Ein sogenannter "Tarif auf Rädern" würde hingegen die Tarifeckwerte regelmäßig an die Preisentwicklung anpassen.
    • Besteuerung von Zufallsgewinnen: Die Ampel-Koalition hat beschlossen, einen EU-Energiekrisenbeitrag für 2022 und 2023 einzuführen. Er betrifft Unternehmen, die hauptsächlich in der Extraktion, im Bergbau, in der Erdölraffination oder in der Herstellung von Kokereierzeugnissen tätig sind. Der Beitrag wird auf Gewinne über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 erhoben, mit einem Steuersatz von 33 Prozent. Die Einnahmen werden auf eins bis drei Milliarden Euro geschätzt. Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei Stromproduzenten begann im Dezember 2022 und endete im Juni 2023. Dabei wurden 90 Prozent der Gewinne über einem bestimmten Standardwert abgeschöpft. Bis Anfang August 2023 waren die genauen Einnahmen noch nicht bekannt.

    Gesundheit

    • Pflegebonus: Der Bundestag hat den Pflegebonus beschlossen, und im Juni 2022 hat der Bundesrat zugestimmt. Seitdem sind Bonuszahlungen bis 3.000 Euro von Steuern und Sozialabgaben befreit.
    • Cannabis: Geplant war die Einführung der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften. Dadurch soll die Qualität sichergestellt, die Verbreitung von verunreinigten Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden. Nach Ablauf von vier Jahren ist eine Evaluation des Gesetzes vorgesehen, um seine gesellschaftlichen Auswirkungen zu überprüfen. Geplant ist auch die Ausweitung von Modellen zum Drugchecking und Maßnahmen zur Schadensminderung. Aktueller Stand: Das Gesetz wurde im August 2023 vom Kabinett beschlossen, und ein Stopp durch den Bundesrat ist nicht möglich. Bereits bestehende Modelle zum Drugchecking wurden ermöglicht.

    Gleichstellung & Antidiskriminierung

    • Gleichstellungs-Check für Gesetze: Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie des Bundes wurde weiterentwickelt, u. a. mit einem Gleichstellungs-Check künftiger Gesetze und Maßnahmen.
    • Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung: Die Regierung setzt eine Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein. Diese wird Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und altruistischen Leihmutterschaft prüfen. Die Kommission hat sich am 31. März 2023 gebildet.
    • Nationaler Aktionsplan für Queeres Leben: Im November 2022 hat die Bundesregierung den Aktionsplan "Queer leben" beschlossen, der Maßnahmen zur Teilhabe, rechtlichen Anerkennung und Gesundheit umfasst. Diese sollen in Zukunft umgesetzt werden.
    • Reform Transsexuellengesetz: Die Regierung hat das Transsexuellengesetz abgeschafft und durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt. Dies beinhaltet ein vereinfachtes Verfahren beim Standesamt für Geschlechtseintragsänderungen, ein erweitertes Offenbarungsverbot und eine Stärkung von Beratungsangeboten. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen sollen vollständig von der Krankenversicherung übernommen werden. Zudem sollen im Kinderschutzgesetz Umgehungsmöglichkeiten beseitigt werden.
    • Streichen des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche: Am 24. Juni 2022 hat der Bundestag die ersatzlose Streichung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche (§ 219a StGB) beschlossen.

    Justiz

    • Schutz von Whistleblowern: Das Hinweisgeberschutzgesetz trat am 2. Juli 2023 in Kraft. Whistleblowerinnen und Whistleblower sollen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht geschützt sein, sondern auch bei erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt.

    Klima & Energie

    • 200 GW Solarstrom: Das Ziel ist, alle passenden Dachflächen für Solarenergie zu nutzen. Bei Neubauten wird dies zur Regel, bei gewerblichen sogar Pflicht. Bürokratische Hürden sollen abgebaut werden, um private Bauherren nicht zu überfordern. Dies wird als Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk betrachtet. Bis 2030 soll die Photovoltaik auf etwa 200 GW ausgebaut werden, indem Hindernisse beseitigt und innovative Solarenergiearten wie Agri- und Floating-PV gestärkt werden.
    • Mehr Windenergie auf dem Meer: Das Ziel ist es, die Kapazitäten für Windenergie auf See signifikant zu erhöhen: bis 2030 auf mindestens 30 GW, bis 2035 auf 40 GW und bis 2045 auf 70 GW. Hierfür werden entsprechende Flächen in der Außenwirtschaftszone gesichert, wobei Offshore-Anlagen Priorität haben sollen. Das Gesetz wurde im Juli 2022 auch mit Unterstützung von CDU/CSU im Bundestag verabschiedet.
    • Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke: Aufgrund der angespannten Versorgungslage durch den Krieg in der Ukraine beschloss das Kabinett im Oktober 2022, die drei verbleibenden Atomkraftwerke nicht wie geplant Ende 2022 vom Netz zu nehmen, sondern bis April 2023 weiterlaufen zu lassen. Der Bundestag und der Bundesrat stimmten der Änderung des Atomgesetzes im November zu. Die drei Atomkraftwerke liefen bis April 2023 weiter und wurden dann abgeschaltet.

    Kultur

    • Finanzhilfen in der Pandemie: Die vorherige Regierung hat zwei Milliarden Euro für diese Programme bereitgestellt. Die Programme liefen bis Ende Juni 2023.
    • Verbesserung der sozialen Lage von Künstlerinnen, Künstlern, Kreativen: Die vorherige Regierung erließ im Zuge der Corona-Pandemie eine Sonderregelung, die bis zum 31. Dezember 2022 verlängert wurde. Demnach ist ein Zuverdienst von bis zu 1300 Euro im Monat neben der selbständigen künstlerischen/publizistischen Tätigkeit möglich, ohne den Anspruch auf Versicherung in der Künstlersozialkasse zu verlieren. Anfang Dezember 2022 beschloss der Bundestag, dass diese Zuverdienstmöglichkeiten im Künstlersozialversicherungsgesetz ab Januar 2023 erweitert werden.

    Landwirtschaft

    • Antibiotikaeinsatz senken: Eine Verschärfung des Tierarzneimittelgesetzes wurde von Regierung und Bundestag beschlossen, um die Erfassung zu verbessern. Die Nutzung von Antibiotika in der Tierhaltung bleibt hoch, zeigt jedoch seit Jahren einen rückläufigen Trend.
    • Tiertransporte in Drittstaaten regulieren: Die Bundesregierung hat ab Mitte 2023 die Veterinärbescheinigungen für den Transport zahlreicher Tiere in Staaten außerhalb der EU zurückgezogen und arbeitet zusammen mit anderen EU-Staaten an neuen Regelungen.

    Migration & Diversity

    • Reform des Staatsangehörigkeitsrechts: Im August 2023 stimmte die Bundesregierung einem Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser zu. Dieser sieht vor, dass Einwanderer bereits nach fünf Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können, bei besonderen Integrationsleistungen sogar schon nach drei Jahren. Es soll auch möglich sein, mehrere Staatsangehörigkeiten zu haben. Der Gesetzesentwurf soll nach der Sommerpause im Bundestag behandelt werden.
    • Visavergabe und Einwanderungsrecht: Der Bundestag hat im Juni 2023 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet.
    • Aufenthaltserlaubnis auf Probe: Im Sommer 2022 präsentierte Innenministerin Nancy Faeser einen ersten Entwurf für ein sogenanntes »Chancen-Aufenthaltsrecht«. Das Gesetz wurde im Dezember 2022 vom Bundestag beschlossen.

    Moderner Staat

    • Zentrum für Legistik gründen: Das Zentrum für Legistik soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesregierung Methoden für das praktische Gesetzgebungshandwerk vermitteln und gleichzeitig den Gesetzgebungsprozess wissenschaftlich begleiten und aufbereiten.
    • Bürgerräte einführen: Im September 2023 hat der erste, vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat zum Thema "Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben" seine Arbeit aufgenommen.
    • Wahlrechtsreform: Im März 2023 wurde ein neues Wahlrecht beschlossen, das den Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll.

    Umwelt

    • Mehr Klimaanpassung nach Ahrtal-Katastrophe: Im Haushalt für 2023 waren zusätzlich 60 Millionen Euro für die Klimaanpassung eingeplant. Am 13. Juli hat die Bundesregierung ein Klimaanpassungsgesetz verabschiedet.

    Verkehr

    • Keine E-Autoprämie für Verbrenner: Seit Januar 2023 wird kein Umweltbonus mehr für Plug-In-Hybride gewährt. Die Bundesregierung kürzt jedoch auch die Subvention für vollelektrische Autos, sodass der Fördertopf bereits 2024 leer sein könnte.

    Wirtschaft

    • Deutschland als Halbleiterstandort stärken: Im Bundestag wurden Haushaltsberatungen für 2022 durchgeführt, bei denen Investitionsvorhaben in Höhe von etwa 2,7 Milliarden Euro beschlossen wurden. Die Bundesregierung unterstützt unter anderem das Ansiedlungsvorhaben von Halbleiter-Herstellern wie "Intel", die zwei Chipfabriken in Magdeburg bauen wollen. Deutschland hat zudem zugesagt, 14 Milliarden Euro für einen europäischen Chips Act der EU-Kommission bereitzustellen.
    • Start-up-Strategie: Im Juli 2022 verabschiedete die Bundesregierung eine Start-up-Strategie und führte ein digitales Förderportal ein.
    • Erweiterung der Definition von Wohlstand: Im Januar 2022 präsentierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Jahreswirtschaftsbericht. Darin wurde der "Wohlstand" nicht nur am Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts gemessen, sondern an mehr als zwei Dutzend Indikatoren, darunter Ausgaben für Bildung und zentrale Einrichtungen der Daseinsvorsorge.
    • Abschaffung der EEG-Umlage: Im April 2022 hat der Bundestag der Abschaffung der EEG-Umlage zugestimmt. Damit wird die Förderung erneuerbarer Energien ab Juni nicht mehr von den Verbrauchern, sondern aus dem Bundeshaushalt finanziert.

    Wie zufrieden ist die Bevölkerung?

    Die Bevölkerung zeigt sich laut der Studie und den daraus resultierenden Umfrageergebnissen insgesamt eher unzufrieden mit der Leistung der Ampelregierung. Nur etwa ein Viertel der Befragten gab an, mit der Arbeit der SPD (25 Prozent), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (23 Prozent) und der FDP (22 Prozent) "sehr oder eher" zufrieden zu sein. Im Gegensatz dazu sind mehr als sechs von zehn Befragten "eher oder sehr" unzufrieden mit der Performanz der Regierungsparteien (SPD: 62 Prozent, GRÜNE: 67 Prozent, FDP: 62 Prozent). Interessanterweise zeigen die Umfrageergebnisse, dass die meisten Menschen zwischen den drei Regierungsparteien wenig differenzieren und die Regierung als eine Einheit betrachten und beurteilen. Dies deutet darauf hin, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung nicht auf eine einzelne Partei, sondern auf die gesamte Regierung abzielt.

    Wie muss es weitergehen?

    Experten betonen die Notwendigkeit eines Neustarts in der koalitionsinternen Zusammenarbeit und Selbstdarstellung der Regierung. Nur so könne das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewonnen werden. 

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